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Wien als "Stadt der Musik" - hier eine ausgesprochen ungewöhnliche Bebilderung: Johann-Strauß-Denkmal.

Foto: APA Herbert Neubauer

Wien - Dem obersten ORF-Gremium soll ORF-Chef Alexander Wrabetz im September genau erklären, warum er beim Song Contest 2015 gegen den wirtschaftlichen Bestbieter Innsbruck und für Wien entschied. Stiftungsräte fordern Aufklärung - immerhin gehe es ja um das Geld der Gebührenzahler. Was Wrabetz den Räten als erste Erklärung mailte, liefert DER STANDARD im Wortlaut (Zwischentitel eingefügt):

"Sehr geehrtes Mitglied des Stiftungsrats!

Ich darf Sie darüber informieren, dass ich heute im Namen des ORF der Reference Group der EBU die Bundeshauptstadt Wien als Host City für die Austragung des European Song Contest 'ESC 2015' vorgeschlagen habe.

"Gleichberechtigung hinsichtlich sexueller Orientierung und Diversität"

Der ORF hat den Bewerberstädten das Leitbild über den Songcontest übermittelt, das die wesentlichen strategischen Parameter für die Entscheidung über die ESC-Host-City enthält. Diese für den ORF grundlegenden strategischen Parameter ergeben eine klare Präferenz für die Host-City Wien. Wien steht unter anderem für ein 'weltoffenes Fest der Toleranz, der Akzeptanz und der Vielfalt'. Die Bundeshauptstadt hat sich in den letzten Jahren – zum Beispiel durch den Life Ball – aktiv als Ort der Gleichberechtigung hinsichtlich sexueller Orientierung und Diversität positioniert. Diese Community ist für den ESC europaweit von besonderer Bedeutung.

"Stadt der Musik", Anziehungspunkt für Nachbarländer

Wien gilt weltweit als Stadt der Musik, weswegen der ESC 2015 in dieser Stadt junge Musiker aus ganz Europa vereinen soll. Ziel des ESC 2015 ist es, möglichst viele Teilnehmerländer zu gewinnen. Für Nachbarländer, die in den vergangenen Jahren nicht am Songcontest teilgenommen haben, oder deren Teilnahme in Zukunft fraglich ist (Tschechien, Slowakei, Ungarn), wäre Wien ein besonderer Anziehungspunkt.
Wien strahlt in besonderem Ausmaß das 'Image eines modernen Österreich mit starken europäischen Wurzeln' aus und lässt sich auch für andere potentielle Teilnehmerländer (Israel, Türkei) als Ort der besonderen historischen oder aktuellen Beziehungen positionieren.

Der ESC 2015 ist auch 'das gemeinsame Projekt von ganz Österreich', was durch die Hauptstadt als Host-City natürlich bestmöglich unterstützt wird.

"Ganz Österreich im Song Contest präsent halten"

Für Wien spricht auch die Möglichkeit, programmlich ganz Österreich im Songcontest präsent zu halten, wenn dieser in der Hauptstadt des Landes veranstaltet wird. Diese programmlichen Vorteile wurden insbesondere von der Fernsehdirektorin hervorgehoben.

"Meiste Gebührenzahler"

Für den ORF ist die Austragung am Standort jenes Bundeslandes mit den meisten Gebührenzahlern und deren Möglichkeit aktiv an diesem Ereignis zu partizipieren von besonderer Bedeutung.

"Udo Jürgens für Wien"

Darüber hinaus spricht insbesondere das starke österreichische Einzugsgebiet (NÖ, Burgenland) für ein starkes österreichisches Event in Wien. Wien war bereits einmal Austragungsort des ESC, weswegen sich der bisher einzige Gewinner des ESC, Udo Jürgens, für Wien als 'logischen' Veranstaltungsort ausgesprochen hat. Da bei diesem aufwendigen Fernsehereignis die strategische Logik und Unterstützung von weiten Kreisen der Bevölkerung von besonderer Bedeutung ist, kommt der Ausrichtung in einem gebührenzahlerstarken Umfeld eine besondere Bedeutung zu.

Die Entscheidung hat sich der ORF nicht leicht gemacht: Seit dem denkwürdigen ESC Sieg von Conchita Wurst am 10. Mai haben die ORF-Experten des ESC Teams umfassend Möglichkeiten aus den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Wien geprüft.

An der zweiten Phase wurden ab dem 20.6. die Städte Innsbruck, Graz und Wien beteiligt. In dieser Phase haben wir insbesondere geprüft,

  • welche Bewerberstadt am besten zu Leitbild und Strategie des ORF für den ESC passt,
  • welche Stadt den hohen Anforderungen der Fernsehproduktion am besten entspricht,
  • in welcher Stadt Hotels, Gastronomie, Verkehrslogistik und die Sideevents am besten für den ESC geeignet sind,
  • wie weit die wirtschaftlichen Parameter erfüllt sind.

Alle drei Städte haben professionelle und attraktive Vorschläge übermittelt. In dieser Phase ist es auch gelungen, die angebotenen Kostenübernahmen durch die Host-Citys wesentlich wirtschaftlicher zu gestalten, als noch vom Stiftungsrat beschlossenen Antrag am 30.6.2014.

"Nur aufgrund gesamthafter Betrachtung"

Wie schon dargelegt, wurden auch finanzielle Parameter zur Bewertung herangezogen, die Entscheidung konnte aber nur aufgrund einer gesamthaften Betrachtung gefällt werden, die programmliche, strategische, eventmarketing- und imagemäßige Aspekte gleichermaßen umfasst. Ich freue mich schon, Sie im Detail im September darüber zu informieren.

Die EBU hat den Vorschlag des ORF begrüßt und akzeptiert. Der Executive Supervisor der EBU, Jon Ola Sand, hat erklärt: 'Wir sind überzeugt, dass die Stadt über die Erfahrung, Menschen mit dem nötigen Know-how und die Einrichtungen verfügt, um Gastgeber des größten Unterhaltungsevents der Welt zu sein. Ich bin mir sicher, dass wir in Zusammenarbeit von Wien, ORF und EBU im Mai drei außergewöhnliche Shows erleben werden.'

Ich bin der festen Überzeugung, dass der ORF in Kooperation mit seinen Partnern in Wien den European Song Contest 2015 zu einem glänzenden und umfassend erfolgreichen Ereignis machen wird, auf das Österreich stolz und von dem Europa beeindruckt sein wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Alexander Wrabetz
Generaldirektor" (red, DER STANDARD, 9./10.8.2014)