Bild nicht mehr verfügbar.

Stöger will Rauchfreiheit in Gaststätten noch in dieser Legislaturperiode.

Foto: APA/VIOLA JAGL

Wien - Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) drängt auf rauchfreie Lokale. Im APA-Interview bedauerte er, dass es "leider" noch immer keine parlamentarische Mehrheit dafür gebe. Eine solche wäre nur mit der ÖVP möglich, macht der Gesundheitsminister neuerlich Druck auf den Koalitionspartner. Auch in Sachen Gleichstellung Homosexueller versteht Stöger den Widerstand der ÖVP "überhaupt nicht".

Stöger setzt weiter auf Bewusstseinsbildung und ist zuversichtlich, noch in dieser Legislaturperiode die von ihm angestrebte Rauchfreiheit in Gaststätten umsetzen zu können. Er geht davon aus, dass innerhalb der ÖVP die Gesundheitspolitiker das ebenfalls so sehen und glaubt, dass auch beim Koalitionspartner die Befürworter eines Rauchverbots immer mehr werden. Sobald er entsprechende Signale von der ÖVP vernehme, werde er das "sofort" umsetzen.

"Ein paar wenige Unverbesserliche"

"Es ist den Österreichern zumutbar, in öffentlichen Räumen nicht zu rauchen", ist der Gesundheitsminister überzeugt und verweist darauf, dass dies auch in zahlreichen anderen Ländern funktioniert. Er verweist darauf, dass die Mehrheit der Bevölkerung das befürwortet und "nur ein paar wenige Unverbesserliche" dagegen seien. Rauchfreiheit wäre seiner Auffassung nach für alle ein Gewinn - für die Gäste, für die Wirte und für deren Angestellte. Die Wirte hätten keine Verluste zu befürchten, sondern einen Nutzen zu erwarten.

Nicht nachvollziehen kann Stöger den Widerstand der ÖVP gegen die rechtliche Gleichstellung Homosexueller bezüglich Ehe, Adoptionsrecht oder künstliche Befruchtung. "Die Ängste in der ÖVP", dass die eigene Lebensplanung bedroht sei, weil jemand anderer eine andere hat, "verstehe ich überhaupt nicht", erklärte der Gesundheitsminister. Er selbst sehe seine Ordnung keinesfalls gefährdet, wenn jemand eine andere habe. Und: "Ich werde ganz böse, wenn mir jemand sagt, wie ich leben soll." Grundsätzlich wünscht sich Stöger, dass Österreich offener sein sollte, und er findet es "schade", dass immer nur dann etwas geschehe, wenn gerichtliche Urteile Veränderungen aufzwingen.

Performance der Bundesregierung "herzeigbar"

Die Arbeit in der Koalition will der Gesundheitsminister trotz unterschiedlicher Auffassung nicht schlecht reden. "Wir sind von unterschiedlichen politischen Ecken aufgerufen, Politik für die Bevölkerung zu machen. Darum bemühen wir uns jeden Tag, das ist nicht immer leicht." Zumindest in seinem Gesundheitsbereich ist Stöger jedenfalls mit der Zusammenarbeit zufrieden, da gehe es mit vielen in der ÖVP sehr gut. Explizit nannte Stöger hier Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Im internationalen Vergleich hält Stöger die Performance dieser Bundesregierung für "herzeigbar". Die Lebensdaten zeigen seiner Auffassung nach, dass Österreich ein Land sei, "wo es sich lohnt zu leben. Dazu hat diese Bundesregierung einiges beigetragen."

Ausbildungsreform für Pflegekräfte

Nach der von ihm auf Schiene gebrachten Reform der Ärzteausbildung geht Stöger nun die eine neue Ausbildung für die Pflegekräfte an. Einen konkreten Termin für die Ausbildungsreform für die Pflegekräfte will Stöger zwar noch nicht nennen, er betont aber, dass dieses Thema "auf der Agenda" sei. Ob die Absolventen dann mit einem Bachelor oder Magister abschließen, ist dem Minister dabei "zweitrangig". Er hätte zwar nichts gegen eine universitäre Ausbildung, wie sie vor allem die Standesvertreter anstreben, wichtiger sei ihm aber der Praxisbezug und die Orientierung am Patienten. Er glaube nicht an eine rein theoretische Ausbildung, nötig seien "höchste Ausmaße an praktischer Ausbildung", betonte Stöger.

Ob dies dann an einer Fachhochschule oder einer Schwesternschule geschieht, sieht der Minister "sehr pragmatisch". Diese Diskussion hängt für Stöger auch mit der neuen Primärversorgung zusammen, in der die Pflegekräfte verstärkt im Team mit dem Hausarzt zusammenarbeiten sollen.

Buntheit statt Einheitsbrei

Kritik, wonach die Ärzte in den Teams der neuen Primärversorgung eine Sonderstellung bekommen hätten, kann Stöger nicht nachvollziehen. Es gehe darum, dass Ärzte, Pflegekräfte, Sozialarbeiter etc. vor Ort ihre Expertise für den Patienten zur Verfügung stellen. Neben der geplanten Telefon-Hotline wird es auch eine Internetseite zur Information der Patienten geben. Auf dieser Seite, die im Herbst entwickelt werden soll, sollen Patienten erfahren, mit welchen Problemen oder Symptomen sie sich wohin wenden können.

"Sehr offen" ist Stöger bezüglich der Organisationsformen, in denen diese Teams arbeiten. Die Kooperationen und Netzwerke müssten aber qualitätsgesichert arbeiten und auf regionale Gegebenheiten Rücksicht nehmen. Er hätte grundsätzlich auch nichts dagegen, dass in Gruppenpraxen Ärzte andere Ärzte anstellen. Stöger gibt aber zu bedenken, dass diese dann nach einem VfGH-Erkenntnis rechtlich gesehen zu einer Krankenanstalt würden. Auch in Bezug auf die Honorierung der Leistungen, die die Sozialpartner auszuhandeln haben, ist der Minister offen: "Ich neige da eher zur Buntheit als zum Einheitsbrei."

Die mit der Gesundheitsreform eingezogenen Limits für das Ausgabenwachstum von 3,6 Prozent des BIP bzw. insgesamt 3,4 Milliarden Euro von 2012 bis 2016 wurden bisher eingehalten. Nach den ersten Monitoring-Bericht überschritten weder die Spitäler noch die Sozialversicherung den Kostendeckel. Für das Jahr 2012 betrugen die öffentlichen Gesundheitsausgaben 21,74 Mrd. Euro - blieben also um rund 130 Mio. Euro oder 0,61 Prozent unter der vereinbarten Obergrenze. Stöger freut sich daher, dass man "sehr gut im Plan" liege. Überzeugt ist der Minister auch, dass die Krankenkassen ihre Konsolidierung fortsetzen werden, obwohl aus dem Strukturfonds ab nächstem Jahr kein Geld mehr ausgeschüttet wird. (APA, 10.8.2014)