Die Installation "The Conductor" von Faye Toogood für Established & Sons besteht aus 160 Glühbirnen, die per analogem Klick aufleuchten und Töne von sich geben.

Foto: Faye Toogood; Established & Sons

Angad Paul will die besten britischen Designer versammeln.

Foto: Faye Toogood; Established & Sons

STANDARD: Das letzte Interview gaben Sie beim 40. St.-Gallen-Management-Symposium. Das war im Jahr 2010. Warum sind Sie so wortkarg?

Angad Paul: Das St.-Gallen-Symposium ist ein internationales Führungskräftetreffen und betrifft mein Kerngeschäft, denn in erster Linie bin ich CEO von Caparo - einem weltweit tätigen, stahlverarbeitenden Unternehmen. Dazu gehört auch, das Unternehmen nach außen zu repräsentieren.

STANDARD: Das heißt, Established & Sons ist Ihr Hobby?

Paul: Ganz und gar nicht! Ich habe ja nicht nur Wirtschaft am MIT in Boston studiert, sondern auch Medienkunst. Ich denke, das drückt meine Verbundenheit zu Design aus. Und Stahl ist ein wichtiger Rohstoff, auch für Produktdesign. Bei Caparo haben wir eine Entwicklungsabteilung, die sich ununterbrochen mit den Möglichkeiten und Kapazitäten des Materials auseinandersetzt. Dieses Wissen können natürlich auch unsere Designer einsetzen.

STANDARD: Muss man sich jetzt vorstellen, dass Angad Paul mit Designer Jasper Morrison auf dem Sofa die neuesten Möglichkeiten, Stahl zu verbiegen, bespricht?

Paul: Auch das. Kommt auf das Sofa an ... Ohne Witz: Ich bin mit den Verantwortlichen bei Established & Sons ständig in Verbindung. Ich betrachte deren Aufgabe als eine kuratorische. Das Netzwerk zu den Designern und Architekten besteht, die Zeit des Aufbaus ist vorbei. Es hat sich bei den Kreativen herumgesprochen, dass wir Dinge möglich machen, bei denen andere Marken abwinken würden.

STANDARD: Kommendes Jahr steht das zehnjährige Jubiläum von Established & Sons an. Doch ein Waldspaziergang war die Selbst- und Markenfindung ja nicht. Alishdair Willis, Mitgründer und ganz nebenbei Gatte von Stella McCartney, hat das Unternehmen 2012 verlassen und kurz darauf auch Design-Direktor Sebastian Wrong.

Paul: Ich möchte mich zu den Interna nicht äußern. Nur so viel: Es gab eine Neuausrichtung, nicht alle teilten dabei unsere Visionen. Wir sind kein Spielplatz, auf dem es nur um Selbstdarstellung geht. Der designierte Geschäftsführer Maurizio Mussati ist a) kein Unbekannter und b) ausgesprochen präzise in seinen Vorstellungen.

STANDARD: Was bedeutet Neuausrichtung? Ursprünglich wollte man die erste Design-Galerie mit limitierten Editionen sein, die das Prinzip "Haute Couture" auf Möbel und Wohnaccessoires überträgt.

Paul: Es ist noch nicht 100-prozentig sichtbar, aber unsere Intention ist es, genau dieses Prinzip massentauglicher zu machen.

STANDARD: Bedeutet das auch einen Abschied von einer "Laborsituation", in der frei experimentiert werden kann?

Paul: Es bedeutet ein breiteres Angebot und weiterhin Plattform für Produkte und thematische Sonderausstellungen in unserer Galerie in London zu sein. Wir werden weiter experimentieren - mit allen möglichen Kreativen. Es sollen auch Produkte entstehen, die erschwinglich sind.

STANDARD: Wie wichtig sind dabei Extreme? Der Tisch "Aqua" von Zaha Hadid wurde im Auktionshaus Phillips de Pury seinerzeit für unfassbare 296.000 Dollar verkauft.

Paul: Solche Extreme sind kein PR-Gag. Überlegen Sie, wie lange die Entwicklung eines solchen Stücks dauert - das sind oft zwölf Monate und mehr. Da arbeiten Teams, die sich mit Material, Statik usw. auseinandersetzen. Zur Verdeutlichung: Die Nasa hat Teflon entwickelt ... Nun gut - wir sind sicher nicht die Nasa, aber was heute Avantgarde ist, könnte morgen unser aller Leben beeinflussen.

STANDARD: Der Designer Karim Rashid spricht von der "Demokratisierung des Designs" , 3-D-Drucker werden für private Haushalte erschwinglich werden, und die Entwicklung könnte schlussendlich jeden von uns zum Designer machen. Ist Ihr Designolymp ein Auslaufmodell?

Paul: Jeder von uns kann malen. Ist dadurch jeder ein Künstler?

STANDARD: Touché. Definieren Sie bitte, ob und wie Design Kunst ist.

Paul: Schwierig. Ich denke, dass sowohl Design als auch Handwerk keinen weiteren Adel benötigen. Design wie Handwerk sind eigene Größen, und innerhalb der Disziplinen gibt es entsprechende Flughöhen.

STANDARD: Apropos Flughöhe: Welcher Designer aus Ihrem Portfolio ist denn Ihr Favorit?

Paul: Wenn ich das verrate, kann ich mich auf gepfefferte Mails von meinen Partnern gefasst machen. (Andreas Tölke, Rondo, DER STANDARD, 22.8.2014)