Reinhold Mitterlehner nährt Hoffnungen, dass eine Steuerreform zustande kommt: Parteifreunde erwarten sich von ihm einen besseren Stil.

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Andreas Zakostelsky wirkt nicht unbedingt so, als würde er demnächst Finanzminister werden. Entspannt sitzt der Abgeordnete im Café Prückel, er trägt Jeans unter dem Sakko, was für einen Mann aus der Bankenbranche fast so etwas wie Urlaubskleidung ist. Weil Zakostelsky Finanzsprecher der ÖVP ist, taucht sein Name neben einigen anderen in den Spekulationen um die Neubesetzung des Finanzministeriums auf. Den Genannten kostet das nur ein Lächeln: Zu den Personalien sagt er nichts.

Bei der inhaltlichen Causa prima, der Steuerreform, ist das anders. Zakostelsky arbeitet federführend an dem koalitionären Prestigeprojekt mit, er ist Wortführer der ÖVP-Experten in der Reformkommission. So ganz anders als auf Regierungsebene funktioniere die Diskussion dort, berichtet der Nationalratsmandatar: "Die Stimmung ist sehr konstruktiv, direkt freundschaftlich. Da läuft auch der Schmäh."

Was die Zwischenergebnisse betrifft, hat sich die Kommission ein Schweigegelübde auferlegt. Die Schlüsselfrage, wie eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer finanziert werden soll, stand allerdings ohnehin noch nicht offiziell auf der Agenda - also plaudert Zakostelsky auch nichts aus, wenn er im STANDARD-Gespräch doch eine Festlegung vornimmt. Eine der zuletzt kolportierten Varianten für die Gegenfinanzierung - die Anhebung der Kapitalertragssteuer (KESt) - sei de facto kein Thema, sagt er: "Ich glaube, dass keine der beiden Koalitionsparteien der Idee einer höheren Kapitalertragssteuer näher treten wird."

Länder als Verlierer

Der viel wahrscheinlichere Kompromiss zwischen den Maximalpositionen von SPÖ (Millionärssteuer) und ÖVP (gar keine neuen Steuern) ist eine Erhöhung der Grundsteuer. Kanzler und Parteichef Werner Faymann hat darauf angespielt, als er im Ö1-Interview sagte, dass sich die SPÖ bei der Frage der Gegenfinanzierung bewegen könnte. In der Folge sprach er etwas kryptisch über die Geldverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

Was der Kanzler damit meint: Der Erlös der Grundsteuer (im Vorjahr 647 Millionen) fließt fast gänzlich in die Kassen der Gemeinden. Um mit einer Erhöhung eine Lohnsteuersenkung zu bezahlen, müsste sich der Bund die Mehreinnahmen im Finanzausgleich zurückholen. Faymann will aber auch den Gemeinden mehr Geld geben, zumal diese für wichtige Aufgaben wie Kinderbetreuung zahlen und finanziell vielfach aus dem letzten Loch pfeifen. Also sollen die Mittel so umgeschichtet werden, dass letztlich die Länder kürzertreten - weshalb mit starker Gegenwehr zu rechnen ist.

Suche nach Sparpotenzial

Festgelegt werden müsste dies im neuen Finanzausgleich, der bis Ende 2015 ausgehandelt werden soll. Ob das für eine rasche Steuerreform nicht viel zu spät ist? Entsprechende Vereinbarungen müssten allenfalls vorgezogen werden. Vorschläge dafür erwartet sich der Kanzler von jener Kommission, die unter der Leitung des Höchstrichters Rudolf Thienel Ideen zur Aufgabenreform und Deregulierung erarbeiten soll.

Auch VP-Steuerreformer Zakostelsky erwartet sich Input von der Parallelkommission, und zwar in Form von Sparvorschlägen: "Meine Hoffnung ist, dass wir bis November noch ordentlich gefüttert werden. Bisher gab es da Defizite." Die Steuersenkung durch Einsparungen zu finanzieren sei nämlich nach wie vor das oberste Gebot der ÖVP, sagt Zakostelsky und sieht in dieser Frage auch keinen Kurswechsel durch den neuen Parteichef Reinhold Mitterlehner: "Er hat diesbezüglich denselben genetischen Code wie Spindelegger: Statt den Bürgern über Vermögenssteuern etwas wegzunehmen, muss der Staat saniert werden. Das Eigentumsrecht ist für uns zentral."

Mitterlehners Kanten

Einen Wandel erwartet sich Zakostelsky im Zuge des Obmannwechsels aber sehr wohl: "Der Stil in der Zusammenarbeit wird besser werden." Der steirische Mandatar, im Zivilberuf Chef der Raiffeisen-Pensionskasse Valida, ist deshalb optimistisch, weil Mitterlehner im Gegensatz zu Vorgänger Michael Spindelegger nicht solchen Drang verspüren werde, sich am Koalitionspartner zu reiben: "Dass Mitterlehner Ecken und Kanten hat, ist längst bekannt. Er muss das niemandem mehr beweisen." Eines müsse sich jedenfalls ändern, wünscht sich Zakostelsky: "Dass man in der Koalition einander immer nur ausrichtet, was nicht geht." (Gerald John, DER STANDARD, 29.8.2014)