Auf der CES 2014 wurde ein LG-TV mit einem schlanken WebOS gezeigt. Offenbar war dies nur ein "Versehen".

Foto: LG

Kaum ein anderes Betriebssystem hatte in den letzten Jahren eine ähnlich wechselvolle Geschichte durchzustehen wie WebOS. Ursprünglich als viel gelobtes aber begrenzt erfolgreiches Smartphone-Betriebssystem von Palm entwickelt, folgte eine wenig erbauliche Episode unter den Fittichen von HP und Anfang 2013 die Übernahme durch LG. Bei dem südkoreanischen Hersteller sollte es die Zukunft des eigenen Smart-TV-Geschäfts bilden, hieß es damals.

Falscher Eindruck

Und tatsächlich konnte LG auf der CES 2014 mit einem ersten WebOS-TV aufwarten, der auch prompt durchwegs positives Presseecho auf sich zog. Ist damit also alles wieder gut für das gebeutelte Betriebssystem? Weit gefehlt, meint nun ein aktueller Bericht von Gigaom, der einen wenig erbaulichen Blick hinter die Kulissen von LG bietet, und wörtlich von einem “gescheiterten Experiment” spricht.

Kontrolle

So seien die vollmundigen Versprechungen, dass das WebOS-Team als "Silicon Valley Lab" unabhängig agieren könne, von Anfang an gebrochen worden. Die Entwicklung sei vom Start weg einem Team in Südkorea unterstellt gewesen, das eine vollständig andere Vorstellung von Produktdesign hegt. Und zwar eine, die dadurch geprägt sei, dass Managern für jedes neu aufgenommene Feature eine Prämie zugesichert wird. Die Konsequenz: Ohne großes Gesamtkonzept kommen immer mehr neue Funktionen hinzu, die Produkte sind also oft "überladen".

Parallel

Aufgrund dieser grundlegenden Auffassungsunterschiede kam es schnell zu Konflikten innerhalb von LG, die dazu führten, dass in den USA und in Südkorea an zwei vollständig unterschiedlichen Smart-TV-Systemen gearbeitet wurde. Doch als es bereits fix so aussah, als würde die südkoreanische Abteilung den internen Machtkampf gewinnen, stolperte diese über die impliziten Defizite der gewählten Herangehensweise: Knapp vor der CES musste man feststellen, dass das in Südkorea entwickelte System schlicht zu "fett" für die kommenden LG-Fernseher geworden war, und nicht mehr flüssig auf diesen lief. Also ging der Zuschlag in letzter Minute doch noch an das "Silicon Valley Lab", und die Präsentation auf der CES erfolgte mit einem schlanken Web-OS-UI.

Abgang

Damit waren jedoch die ganzen internen Konflikte noch nicht vom Tisch, seitdem sollen sich die Probleme sogar noch weiter zugespitzt haben. Die Konsequenz: Mittlerweile habe rund ein Drittel des ursprünglichen WebOS-Teams gekündigt, ohne dass die Stellen nachbesetzt wurden. Weitere Angestellte würden ihren Abgang bereits planen, so Gigaom. "Ich habe nicht mehr viel Glauben an all das hier", so ein anonym bleiben wollendes Teammitglied resignierend. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 29.8.2014)