Foto: Lisi Specht

Christoph Huber, künstlerischer Leiter des Wiener Jazzclubs Porgy & Bess, wohnt mit seiner Familie in einer Gründerzeitwohnung. Wojciech Czaja erfuhr von seiner Umzugspanik und seinem ganzen Meter Miles Davis.

"Man würde glauben, ich spiele Klavier und bin der beste Schlagzeuger der Welt. Der Schein trügt. Ich kenne mich zwar sehr gut mit Jazz aus, immerhin gut genug, um einen Jazzclub zu leiten, aber ich spiele leider kein Instrument. Ich bin in einem unmusikalischen Elternhaus aufgewachsen, in dem es mir verboten wurde, ein Musikinstrument zu erlernen. Als ich verstanden habe, wie hirnrissig das ist, war es schon zu spät. Ich kann keine Noten lesen, und meine Finger sind untalentiert.

Christoph Huber kann keine Noten lesen, umso mehr freut es ihn, dass seine Familie musiziert. Die Nachbarn freut, dass die Instrumente Kopfhöreranschluss haben. (Foto: Lisi Specht; Bildansicht durch Klick vergrößern)

Umso mehr taugt es mir, dass in der Wohnung wunderbare Instrumente herumstehen, die von meiner Frau Gabriele Mazic und unseren drei Töchtern Naïma, Anaïs und Samia gespielt werden. Zur Freude unserer Nachbarn handelt es sich dabei aber um eine elektronische Percussion-Station mit Kopfhöreranschluss, sodass nicht gleich das ganze Haus mitgrooven muss. So bleiben wir diesseits der Hausordnung.

Die Wohnung liegt im vierten Bezirk, wenige Schritte von der U1 entfernt. Insgesamt hat sie an die 200 Quadratmeter, typischer Gründerzeitgrundriss, wobei zwei Räume als Büro genutzt werden. Für viele ist die Vermischung von Wohnen und Arbeiten eine Horrorvorstellung, aber für mich ist es die einzige Möglichkeit, am Familienleben teilzuhaben. Schließlich ist der Papa jeden Abend im Porgy & Bess.

Das Miteinander und Durcheinander von Wohnen und Arbeiten gefällt mir sehr. Wir wohnen hier seit 1997, und schon damals waren unsere Mitarbeiter und unsere Töchter füreinander wie eine große Familie. Das Verhältnis war und ist ein sehr entspanntes. Meist stehen alle Flügeltüren offen. Nur manchmal, wenn telefoniert wird oder man sich konzentrieren muss, machen wir sie zu.

Ursprünglich war das hier das Büro eines Computerunternehmens. Bad und Küche mussten wir eigenhändig einbauen, was aber bei einer Miete von sieben Euro pro Quadratmeter nicht schlimm ist. Alles in allem ist die Wohnung schon ein bisschen abgelebt und ansatzweise schäbig. Auch die Zimmergestaltung ist nicht mehr ideal. Das Zimmer hinter mir wurde früher als Kinderzimmer genutzt. Die Wandfarbe ist immer noch recht kinderzimmerartig, was ich nicht mehr besonders schön finde. Ein leichter Relaunch wird der Wohnung guttun.

Eines werden wir niemals machen: Parkettschleifen. Erstens habe ich einen Bammel vor der Vorstellung, die Möbel zur Seite zu stellen und tonnenweise Schutt zu entsorgen. Zweitens finde ich Alters- und Abnützungsspuren im Holz schön. Das lebt, das hat Geschichte. Es gibt nichts Schlimmeres als stumme Räume, die nichts zu erzählen haben.

Deshalb sind die Möbel so zusammengewürfelt. Vieles ist im Laufe der Jahre dazugewachsen, vieles ist zweckmäßig. Wobei: Gegen ein oder zwei Möbelklassiker hätte ich nichts einzuwenden. Die einzigen Möbelstücke, von denen ich mich niemals trennen werde, sind meine CD- und Plattenregale aus Aluminium. Ich habe knapp 10.000 CDs - darunter wohl einen ganzen Meter Miles Davis - und 5000 LPs. Ich habe mir ausgerechnet: Wenn ich alle Alben Tag und Nacht nonstop durchhören würde, dann wäre ich ziemlich genau zwei volle Jahre lang damit beschäftigt. Für meine Pension ist das zu wenig. Ich glaube, ich muss noch aufstocken.

Irgendwann bleibt kein Platz mehr. Aber ich habe Panik vor Umzügen. Ich bin schon viel zu oft umgezogen. Wenn mir mal die Decke auf den Kopf fällt, gehe ich ins Café Wortner, oder ich setze mich in das kleine Tschocherl unten am Eck und horche mir den neuesten Wiedner Klatsch an. So etwas kann einen ungemein glücklich machen." (DER STANDARD, 30.8.2014)