"Da haben Sie mit dem Finanzminister den richtigen Gesprächspartner angesprochen": Bures zur Causa Hypo.

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STANDARD: Angesichts Ihrer Wahl zur Nationalratspräsidentin gab es nicht nur freundliche Handshakes - nicht wenige politische Beobachter schlugen darob bloß die Hände über den Kopf zusammen. Enttäuscht über solche Reaktionen?

Bures: Ich habe die Diskussion vor meiner Wahl als sehr konstruktiv erlebt - und auch nichts dagegen, dass man sich mit Personen, die ein hohes Amt übernehmen, kritisch auseinandersetzt.

STANDARD: Ist die Optik nicht fatal, wenn die oberste Parlamentarierin vom Regierungs- und Parteichef bestimmt wird, statt dass vorher der Nationalrat damit befasst wird - etwa mit einem Hearing?

Bures: Das Parlament hat mich gewählt, wie Sie wissen (mit 117 von 183 Stimmen, Anm.). Ich kann nicht nachvollziehen, warum plötzlich hier etwas infrage gestellt wird, was auch bei meinen Vorgängern Heinz Fischer und Barbara Prammer gleich gehandhabt wurde: In allen Fällen hat der Parteivorsitzende der stimmenstärksten Partei dem Parteivorstand eine Person zur Wahl vorgeschlagen, die sich dann noch im eigenen Klub und im Nationalrat der Wahl stellen musste. So war es auch bei mir.

STANDARD: Das Parlament hat jetzt schon den Ruf, bloß Abstimmungsmaschinerie der Koalitionsparteien zu sein. Verstärkt das nicht seinen schlechten Ruf?

Bures: Haben Sie in den letzten Jahren nicht das Gefühl, dass sich in der Ausübung des freien Mandats durch das Engagement meiner Vorgänger viel entwickelt hat?

STANDARD: Nein. Und wenn Abgeordnete gegen die Regierungslinie stimmen, sind sie in der folgenden Legislaturperiode garantiert nicht mehr im Nationalrat anzutreffen - siehe etwa im Fall Sonja Ablinger.

Bures: Politologe Anton Pelinka hat unlängst geschrieben, dass lebhafter Parlamentarismus vor allem in der Auseinandersetzung zwischen Opposition und Mehrheit besteht - und auch in den Klubs der Opposition gibt es kaum abweichendes Stimmverhalten.

STANDARD: Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren sind Sie für Ihren Parteifreund Werner Faymann wegen der mittlerweile eingestellten Inseratenaffäre ins Feld gezogen, weil der Kanzler mit einer "menschenverachtenden und demokratiegefährdenden Strategie kriminalisiert wird". Aus heutiger Sicht nicht doch etwas übertrieben?

Bures: Wenn man sich in der Politik ständig mit massivem Misstrauen konfrontiert sieht, schadet das auch der Zusammenarbeit. Ich befürworte die harte politische Auseinandersetzung und die leidenschaftliche Diskussion unterschiedlicher Meinungen. Aber Politiker müssen nicht ihre staatsbürgerlichen Grundrechte abgeben. Permanente Beschimpfungen und Diffamierungen sind dem Ansehen der Politik und damit der Demokratie nicht dienlich.

STANDARD: Für die Geschichtsschreibung: Der U-Ausschuss zu den Korruptionsaffären, der dann zu neuen Antikorruptionsregeln geführt hat, war aber schon wichtig?

Bures: Stimmt, daraus sind gute, strengere Regeln entstanden.

STANDARD: Die österreichische Freunderlwirtschaft gibt es aber nach wie vor, nicht?

Bures: Ich bin nicht der Ansicht, dass es in der Politik keine freundschaftlichen Beziehungen geben darf, aber klar ist, dass es bei Korruption null Toleranz geben darf.

STANDARD: Nun steht der U-Ausschuss zur Causa Hypo an - wie sehen Sie das Debakel rund um die Pleitebank? Der Finanzminister sieht ja etwa den umstrittenen Schuldenschnitt auf landesgarantierte Nachranganleihen kritisch.

Bures: Da haben Sie mit dem Finanzminister den richtigen Gesprächspartner angesprochen.

STANDARD: Sie werden zu dem ganzen Fall doch eine Meinung haben, angesichts des milliardenschweren Schadens für die Republik?

Bures: Ich konzentriere mich jetzt auf die korrekte Vorsitzführung - und kommentiere nicht einzelne Fragen. Klar ist: Die strafrechtliche Verantwortung müssen die Gerichte klären, die politische Verantwortung wird im Parlament zu untersuchen sein.

STANDARD: In der SPÖ soll nun das Schiedsgericht klären, ob nach dem Tod Ihrer Vorgängerin Prammer nicht doch Ablinger statt Walter Schopf das Mandat erbt. Hoch an der Zeit für Sie?

Bures: Fakt ist: Auf der Bundesliste hat die SPÖ die Frauenquote mit 44 Prozent Anteil erfüllt. Nach der parteiinternen Reform müssen auf Landeslisten und in Regionalwahlkreisen mehr Frauen zum Zug kommen. Denn ein Parteistatut kann nicht über der gesetzlichen Wahlordnung stehen.

STANDARD: Waren Sie selbst jemals Opfer von Diskriminierung?

Bures: Wie alle Frauen. Auch ich habe Sexistisches zu hören bekommen, in Herrenrunden, wo Frauen nicht mit der gleichen Wertschätzung behandelt werden. Es gibt keine Frau in diesem Land, die sich noch nicht über frauenfeindliche Witze ärgern musste.

STANDARD: Nach der Bestellung von Martin Graf, Burschenschafter der rechtsextremen Olympia, zum Dritten Nationalratspräsidenten hat es einst viel Ärger gegeben. War es ein Fehler, dass ihn die SPÖ damals auch in das Amt gewählt hat?

Bures: Das war eine geheime Wahl. Woher wollen Sie wissen, dass ihn die SPÖ gewählt hat?

STANDARD: Also bitte! Bis auf ein paar rote Abweichler braucht man da historisch nichts zu beschönigen. Sind Sie für eine Abwahlmöglichkeit der Nationalratspräsidenten bei schweren Vergehen?

Bures: Diese Frage wird eines der Themen sein, mit denen sich im Herbst eine Enquetekommission beschäftigt. (Peter Mayr, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 5.9.2014)