Eisenstadt - Spätsommer in der Hauptstadt der Beschaulichkeit: Weit öffnet sich das Land, mit goldenem Schein wärmt die Abendsonne Schloss und Mensch, funkelt der Gelbe Muskateller im Glase. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Eine schwarze Flagge an der Schlossfassade zeigt es an: Melinda Esterházy ist vor einigen Wochen verstorben.

Schon etwas länger tot sind Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart, denen die Haydntage gewidmet sind. Tot? Die Körper vielleicht, nicht aber die Musik der beiden Kollegen, die einander sehr schätzten - und schon gar nicht, wenn diese von Adam Fischer und der Österreichisch-Ungarischen Haydn-Philharmonie interpretiert wird. Der ungarische Dirigent und der Klangkörper, der aus Musikerinnen und Musikern aus Wiener und Budapester Orchestern besteht, gehören quasi zum Gründungsinventar der Haydntage, musizieren aber alles andere als verstaubt.

Diese Frische und Kraft, dieser Sturm und Drang, die Agilität, die Farbigkeit, mit der der 64-Jährige etwa Mozarts Jupiter-Symphonie begann: wie schön! Von überschäumendem Elan geprägt auch der Finalsatz. Die Haydn-Philharmonie agierte mit viel Herzblut und setzte auch die detaillierten Anweisungen Fischers in Sachen Artikulation, in der Dialogarbeit wie auch die lyrischen Feinheiten exakt um; nur selten gab es bei den Streichern leichte Unsauberkeiten. Adrett, besonnen und kultiviert, mit noch steigerungsfähiger solistischer Strahlkraft hatte Elisabeth Waglechner zuvor Mozarts c-Moll Klavierkonzert KV 491 interpretiert: Fischer beäugte das Spiel der 17-jährigen Niederösterreicherin interessiert und knurrte motivierend ein bisschen dazu.

Sanft und simpel

Vor dem Klavierkonzert hatte Haydns B-Dur Symphonie Hob. I:98 das Konzert im Schloss eröffnet. Während seines ersten Aufenthalts in London 1792 entstanden, soll Haydn hier im Mittelsatz, dem sanft-simplen Adagio im Dreivierteltakt, Mozart eine kompositorische Reverenz erwiesen haben. "Ich war über seinen Tod eine geraume Zeit ganz außer mir und konnte es nicht glauben, dass die Vorsicht (Vorsehung, Anm.) so schnell einen unersetzlichen Mann in die andere Welt fordern sollte", hatte Haydn erschüttert in einem Brief notiert.

Um das Londoner Publikum aber auch mit ein wenig Entertainment zu becircen, baute Haydn, der Tüftler, im Finale ein kleines Cembalo-Solo für den Dirigenten ein: Fischer bewältigte es mit rechts sowie mit Bravour. Freudvoller Applaus und eine wundervoll elastisch-vitale Figaro -Ouvertüre als Zugabe bei tropischen Temperaturen im Haydnsaal. (Stefan Ender, DER STANDARD, 8.9.2014)