"Das Unternehmen muss schon schauen, ob das Gebäude zum Image passt", sagt Ewald Stückler.

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Bürotürme bringen Mietern Prestige und Sicherheit, aber auch höhere Mieten und eine geringere Flächeneffizienz - und der Standort muss zum Unternehmen passen, wie Unternehmensberater Ewald Stückler im Gespräch mit Franziska Zoidl erzählte.

STANDARD: Wie schaut es am Wiener Büromarkt derzeit aus?

Stückler: Katastrophal. Es gibt seit Jahren fast nur noch eine permanente Flächenverschiebung. Eine Firma übersiedelt von A nach B. Gebäude A wird dann leer. Von draußen kommt aber nicht wirklich Adäquates - etwa dass sich große Konzerne wie Google mit einem großen Standort zu Wien bekennen. Große internationale Firmen gehen jetzt nach Warschau anstatt nach Wien. Dass Wien das Tor zum Osten ist, ist eine Mär, die schon lange nicht mehr stimmt. Es ist heute ein Durchfahrtsort, ein Standort, der sukzessive an Wert verliert. Wien ist eine lebenswerte und sichere Stadt, aber uns fehlen die internationalen Konzerne, die sich hier ansiedeln - und nicht nur ihre Wohnungen hier kaufen. Investoren schrauben daher zurück oder wandeln ihre Projekte um, wie beim Marina Tower, der nun ein Wohnturm wird. Wir werden aber irgendwann das Problem haben, dass die Leute auch Jobs brauchen, um sich das Wohnen leisten zu können.

STANDARD: Sieht es im Rest von Österreich ähnlich düster aus?

Stückler: Wir haben einmal Bürotürme in Österreich verglichen, da war auch der Linzer City Tower dabei. Offen gesagt: Linz ist Schallmauern von Wien entfernt - in der Gebäudequalität, der Flächeneffizienz, der ganzen Struktur, der architektonischen Entwicklung. Bei der Projektentwicklung ist Wien international gesehen sehr weit. Die Investoren pushen sich gegenseitig. In Linz und in den anderen Bundesländern fehlt einfach der innovative Mitbewerb. Viele versuchen immer noch, bei Bürohäusern die alte Technik, beispielsweise Klimageräte statt Bauteilaktivierung, einzusetzen. Es wird wenig Wert auf Architektur gelegt - außer bei Firmen, die für den Eigenbedarf bauen, wie der Power Tower in Linz, der extrem innovativ ist. Der wäre aber aufgrund der hohen Errichtungskosten für einen Investor so nicht vermietbar. In Summe reichen solche Landmark-Projekte nicht, um als Standort attraktiv zu sein.

STANDARD: Was bietet ein Büroturm?

Stückler: Einerseits ganz klar Prestige. Wenn ich mich in den DC Tower einmiete, dann will ich damit etwas ausdrücken. Das macht aber nicht für jede Branche Sinn. Das Unternehmen muss schon schauen, ob das Gebäude zum Image passt. In Bürotürme mieten sich eher internationale Firmen ein. Bei den meisten Bürotürmen braucht es eine Mindestgröße von ca. 500 m² Mietfläche. Dadurch fallen kleine Firmen als Mieter weg. Den Unternehmen geht es auch zunehmend um Sicherheit. Bei Türmen gibt es verschärfte Zugangskontrollen, was es bei anderen Bürogebäuden nicht gibt.

STANDARD: Und was sind die Nachteile?

Stückler: Ein absolutes No-Go bei Türmen in Österreich ist heute, wenn die Fenster nicht geöffnet werden können. Darunter leidet zum Beispiel der Millennium Tower. Außerdem ist die Flächeneffizienz bei Bürotürmen durch die hohen Sicherheitsauflagen und Bauvorschriften geringer, während man kostenmäßig über dem normalen Bürogebäude liegt, weil Betriebs- und Nebenkosten höher sind.

STANDARD: Ihr Unternehmen erhebt die Bedürfnisse von Kunden, scannt dann mögliche neue Standorte. Wie fällt dann die Entscheidung beim Kunden?

Stückler: Nicht immer sind Entscheidungen rational nachvollziehbar. Trotz intensiver Gebäudeprüfungen und Kostengegenüberstellungen kommt es oft auch am Ende zu einer emotionalen Entscheidung des Kunden. "Büroturm - ja oder nein?" ist immer eine Grundsatzfrage, aber auch die öffentliche Verkehrsanbindung muss top sein - und da sprechen wir von U-Bahnen, nicht von Straßenbahnen. Viele Projekte in Wien fallen durch den Rost, weil sie eine schlechte Verkehrsanbindung haben. Ein zweiter Indikator ist die Nachhaltigkeit. Die Stadt Wien mietet so gut wie keine Gebäude mehr an, die nicht zertifiziert sind. Internationale Konzerne sehen das auch so. Welche Zertifikate die Gebäude haben, ist dabei gar nicht so entscheidend. Das ist natürlich Standortmarketing, aber auch ein sinnvolles. Deswegen werden viele Bestandsgebäude jetzt nachzertifiziert, um wieder vermietbar zu werden. (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 6.9.2014)