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Ein beinahe fataler Trugschluss. "Verdammt, es geht zurück nach England!"

Foto: REUTERS/Christian Hartmann

Das Schuhwerk hielt, der Rucksack wurde eins mit dem Körper, die Abenteuerlust unersättlich, Interrail war voll im Gange. Nächstes Ziel: Normandie. Per Fähre, weil Überfahrt von England nach Frankreich.

Schon schnuppert man die Luft des Landes der Liebe, freudig pocht das Herz, aber rasch wird dies übertönt vom ohrenbetäubenden Hämmern im Maschinenraum. Da an Bord alles komplett überfüllt ist, treibt die "Quartiersuche" meinen Kumpel und mich aufs Oberdeck. Um der Mühsal des Weckerstellens zu entgehen, lautet die Devise: Ruhe heißt Ankunft.

Genialer Plan, aber falsch kalkuliert: Bei Erwachen liefen die Maschinen weiter auf Hochtouren, Fahrzeuge fuhren auf die Fähre. Stillstand ohne Stille, und Ausladen geht doch andersrum. Kombinationsgabe bei Schlaftrunkenheit ist so eine Sache, aber das war klar: "Verdammt, es geht zurück nach England!" Und wir waren ausgesperrt ...

Vermeintlich verschollene Passagiere

Wirr herumlaufen, wild gestikulieren und schreien schien am zielführendsten (oder, mit Shakespeare gesagt: Mord rufen und des Krieges Hund entfesseln!). Auf dem Höhepunkt der Panikkurve klatschten und traten wir dann gegen alles, was sich in Reichweite der Extremitäten befand - und siehe da, ein (sichtlich perplexer) Barkeeper wurde auf uns aufmerksam.

Dabei hatte man uns schon abgeschrieben beim Auschecken. Nun wurden wir vermeintlich verschollenen Passagiere doch noch gefunden. Ja, und was soll ich sagen? Diese Form von Glück im Unglück wurde zum ständigen Begleiter auf unserer Tour quer durch Europa. Wir beschworen ihn gerne als "Geist von Interrail"! (Stephan-Alexander Krenn, DER STANDARD, 12.9.2014)