Misstraue Geschenken, auch wenn sie in deiner kostenlos zur Verfügung gestellten Luxussuite herumliegen. Die Spitzenfunktionäre des Weltfußballverbandes (Fifa), die anlässlich der WM in Brasilien eine heimtückisch in ein Leiberl verpackte, teure Uhr als Präsent des Gastgeberverbandes akzeptierten, ohne ein Ohrwaschel zu rühren, müssen strohdumm sein. Oder - eher wahrscheinlich - vom System Blatter völlig verdorben.

Im Universum des Schweizers Joseph S. Blatter, der sich im Frühjahr 2015 zum fünften Mal zum Präsidenten des Weltfußballs wählen lässt, wird schließlich seit Jahr und Tag vorexerziert, wie Regeln des Anstands ständig und massiv zu verletzen sind, ohne ernstlich mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Im gemeinnützigen Verein vom Zürichberg ist nur verboten, was dem Chef nicht passt - zufriedene Vasallen passen ihm, weshalb Blatter auch selbst gerne Uhren verschenkt hätte, aber das hat ihm seine Ethikkommission ausgeredet.

Immerhin, aber sie ist - bisher - eher nur ein Feigenblatt. Dem für Blatter vielleicht unangenehmen Ermittlungsbericht zu den WM-Vergaben 2018 und 2022 droht Schubladisierung. Allerdings halten Geschichten wie jene vom Uhrengeschenk, das offensichtlich nur wenige der rund 60 Empfänger hinterfragen wollten, das Interesse wach. Möglich, dass Blatter einmal mit der Gier hadert, die er in seinen Funktionären geweckt hat. Schön wäre das. (Sigi Lützow, DER STANDARD, 15.9.2014)