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Für Wladimir Jewtuschenkow als mächtigen Oligarchen war es (rechts) von Vorteil, sich die Gunst von Staatspräsident Wladimir Putin zu erhalten. Hier ein Treffen der beiden im Jahr 2010.

Foto: AP/Nikolsky

Milliardär Wladimir Jewtuschenkow wird die nächsten zwei Monate auf seinem Landsitz in Schukowka westlich von Moskau verbringen, weit weg von Telefon und Internet. Der 65-Jährige wird allerdings nicht die Beschaulichkeit des Landlebens genießen, sondern in der Zeit Ermittlern Rede und Antwort stehen. Die Nummer 15 der russischen Forbes-Liste mit einem geschätzten Vermögen von neun Milliarden Dollar steht wegen des Verdachts von Geldwäsche unter Hausarrest.

Hintergrund der Affäre ist der Kauf des Ölkonzerns Baschneft durch Jewtuschenkows Mischkonzern AfK Sistema im Jahr 2009. Das Unternehmen bezahlte 2,5 Milliarden Dollar. Das Geld ging an Ural Rachimow, den Sohn des einstigen Provinzfürsten von Baschkirien, Murtasa Rachimow. Tatsächlich hatte sich Rachimow während der Amtszeit seines Vaters die gesamte Ölindustrie der russischen Teilrepublik angeeignet - widerrechtlich, wie die Staatsanwaltschaft nun meint, weshalb sie gegen den nach Österreich geflohenen Unternehmer wegen Veruntreuung ermittelt.

Jewtuschenkow hingegen werfen die Ermittler durch den Kauf die nachträgliche Legalisierung des geraubten Eigentums vor. Dem Milliardär drohen bis zu sieben Jahre Haft.

Industrielle protestieren

Die Sistema-Aktien brachen nach der Festnahme Jewtuschenkows an der Londoner Börse um fast 30 Prozent ein. Der Konzern reagierte mit einer Eilmeldung, in der er das Geschäft als "rechtmäßig und transparent" bezeichnete. Das Unternehmen werde mit den Ermittlern kooperieren, aber seine Position verteidigen, versprach der Pressedienst den Investoren.

Für Jewtuschenkow hat bereits der mächtige Unternehmer- und Industriellenverband Partei ergriffen: Der Präsident des Lobby-Verbands Alexander Schochin zog eine Parallele zum Fall Yukos, nannte den Arrest "irrational" und versprach, "selbst beim Präsidenten" für Jewtuschenkow zu bürgen. Laut Schochins Vize Igor Jurgens handelt es sich um einen "Kampf der Umverteilung von Eigentum. Jetzt mit Elementen der Nationalisierung". Auch Ex-Yukos-Chef Michail Chodorkowski erklärte, der Fall weise Ähnlichkeiten zu Yukos auf: Jewtuschenkows Unannehmlichkeiten seien auf die "Gier" von Rosneft-Chef Igor Setschin zurückzuführen.

Tatsächlich hatte es im Juni Berichte über ein Interesse Rosnefts an Baschneft gegeben. Der Pressesprecher des Konzerns Michail Leontjew wies aber nun alle Spekulationen einer Beteiligung Rosnefts an der Verfolgung Jewtuschenkows zurück. Es habe weder einen Konflikt zwischen Setschin und Jewtuschenkow um Baschneft gegeben, noch sei Rosneft an der Übernahme des Ölkonzerns interessiert, sagte Leontjew.

Ein politisches Motiv für die Festnahme Jewtuschenkows fehlt. Im Gegensatz zu Chodorkowski galt der Oligarch als loyal gegenüber Wladimir Putin.

Für Wladimir Jewtuschenkow als mächtigen Oligarchen war es (rechts) von Vorteil, sich die Gunst von Staatspräsident Wladimir Putin zu erhalten. Hier ein Treffen der beiden im Jahr 2010. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 18.9.2014)