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Unterstützerinnen der Nein-Kampagne feiern in Edinburgh.

Foto: EPA/ANDY RAIN

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Unterstützer der Yes-Kampagne in Glasgow.

Foto: AP Photo/PA, Lynne Cameron

Die Kampagne war lang und hart, gegen Ende gab es auch mancherlei unschöne Szenen. Insgesamt aber hat sich Schottland ernsthaft, intensiv und anhaltend mit der Frage auseinandergesetzt, ob man im Vereinigten Königreich verbleiben oder es auf eigene Faust versuchen sollte. Beide Lager mobilisierten ihre Anhänger auf bisher nie dagewesene Weise, die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 85 Prozent. Das ist für sich ein tolles Ergebnis, das prominente Schotten wie die Autorin Joanne K. Rowling ("Harry Potter") zu Recht mit Stolz erfüllte.

Am Ende hat die Vernunft gesiegt. Mehrheitlich haben die Schotten Nein gesagt zum vagen Optimismus, zu den unbekümmert-fröhlichen, in allen wichtigen Details merkwürdig unscharfen Vorstellungen der Nationalpartei SNP unter Ministerpräsident Alex Salmond. Wer die Unabhängigkeit ausrufen will, ohne eindeutig zu sagen, welche Währung das Land anschließend verwenden würde, verdient den Erfolg nicht. Londons Regierungsviertel Westminster, die Brüsseler EU-Kommission, die globalen Finanzmärkte – alle sollten sie nach der Pfeife der Separatisten tanzen. Das haben 55 Prozent der Schotten zu Recht für Unsinn gehalten.

Fife bringt die nötigen Stimmen auf die Waage

Es war kein Zufall, dass Gordon Browns Heimat Fife morgens kurz nach 6 Uhr Ortszeit den Ausschlag gab. Der frühere Labour-Premierminister hat sich in den vergangenen zehn Tagen bei vielen Terminen ins Zeug geworfen und direkt an seine Landsleute appelliert. Vor allem aber hat er die Führer der Unionsparteien zu einem weitreichenden Versprechen gezwungen: Das Parlament in Edinburgh wird zusätzliche Kompetenzen erhalten und gleichzeitig weiterhin das Privileg erheblicher Subventionierung durch London genießen. Premierminister David Cameron und die beiden anderen Parteichefs Edward Miliband (Labour) und Nick Clegg (Liberaldemokraten) werden sehr genau darauf achten müssen, dass das geplante neue Gesetz nicht Unmut oder gar Widerwillen in England hervorruft. Zwietracht zwischen den unterschiedlichen Landesteilen würde nur den Separatisten in die Hände spielen.

Die Umfragen ließen ein extrem knappes Ergebnis erwarten. Am Ende steht ein eindeutiges Votum. Es könnte den Platz Schottlands in der Union für eine Generation sichern. Aber immerhin 45 Prozent der Schotten wollten sich von London lossagen. Die Nationalisten in Edinburgh müssen sich von ihrem Lieblingsprojekt verabschieden und sich aufs Regieren konzentrieren. London aber hat die schwierigere Aufgabe: Der Zentralstaat alter Prägung gehört der Vergangenheit an, daraus müssen Cameron und Co rasch die Konsequenzen ziehen. Eine Form von Föderalismus wird sich nicht vermeiden lassen. (Sebastian Borger aus Edinburgh, derStandard.at, 19.9.2014)