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Im Juni hat der österreichische Verfassungsgerichtshof der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung eine Abfuhr erteilt. Nun wünscht sich der Justizminister eine Wiedereinführung in eingeschränkter Form.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Mit klaren Worten hatte der österreichische Verfassungsgerichtshof im Juni das Ende der Vorratsdatenspeicherung in Österreich begründet. Sie sei "nicht verhältnismäßig", da sie einen großen Teil der Bevölkerung betreffe, und stelle einen "gravierenden Eingriff in die Grundrechte" dar. Gleichzeitig fehlten ausreichende gesetzliche Vorkehrungen zur Verhinderung von Missbrauch der Verkehrsdaten aus Telefonie- und Internetnutzung. Regierungsvertreter nahmen die Entscheidung "zur Kenntnis".

"Unverzichtbares Hilfsmittel"

Befürworter hatten die 2012 eingeführte Regelung oft als unverzichtbares Hilfsmittel im Kampf gegen den Terror tituliert. Doch nur ein einziger Zugriff in über zwei Jahren hatte einen derartigen Hintergrund, führte aber zu keinen relevanten Erkenntnissen für die Ermittler. Großteils wurden die Daten im Zusammenhang mit Diebstahlsdelikten, Suchtgiftkriminalität und Raub verwendet. Das geht aus parlamentarische Anfragen des grünen Justizsprechers Albert Steinhauser hervor.

Wiedereinführung angedacht

Doch für die Regierung ist das Thema trotz VfGH-Abfuhr noch nicht vom Tisch. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) liebäugelt mit einem Comeback für die umstrittene Regelung. Diese solle enger gefasst werden und nur noch bei "Schwerstkriminalität" den Zugriff auf die Daten erlauben. Er hofft auf eine gemeinsame Ausarbeitung mit Justizexperten der anderen Parteien.

Positiv steht dem Vorstoß Parteikollegin und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gegenüber. Sie und ihr Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, hatten nach Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung deren Nutzen hervorgehoben. Ihre Notwendigkeit wird nun unter anderem mit der Terrororganisation "Islamischer Staat" und deren möglichen Aktivitäten in Österreich begründet. Staatsanwalt Gerhard Jarosch sagte im August gegenüber dem Falter, dass die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung die Aufklärung "anonymer Hakenkreuzschmierereien und Hasspostings in Internetforen" erschwere. Man sei nicht gut genug darin gewesen, den Menschen die Vorteile der Speicherung zu erklären.

"Stimmung der Angst"

Kritik kommt unter anderem von der AK Vorrat, die einst als eine von drei Parteien die Vorratsdatenspeicherung vor den EuGH gebracht hatte. Sprecher Thomas Lohninger sieht die Regierung in der Verantwortung, bestehende Terrorgesetze auf Nutzen und Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Maximilian Schubert, Generalsekretär des Internetprovider-Verbandes ISPA, lehnt eine Neueinführung ebenfalls ab. Er fürchtet, dass, ähnlich wie in den USA, zur Terrorbekämpfung ein eigenes Gesetz aus unterschiedlichsten Rechtsmaterien geschaffen werden könnte.

Warnung vor "österreichischem Patriot Act"

Schubert fordert daher "politisches Augenmaß", verweist auf die strengen VfGH-Auflagen und warnt vor einem "österreichischen Patriot Act". Auch Steinhauser kann dem Vorstoß nichts abgewinnen. Es werde versucht, mit der Terror-Argumentation eine "Stimmung der Angst" zu schaffen. Er sieht den Justizminister unter Druck durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Diese würden gerne alle verfügbaren technischen Möglichkeiten ausschöpfen. Gesprächsbereitschaft signalisiert Steinhauser allerdings, was eine mögliche "Nachschärfung" des Verhetzungsparagrafen angeht.

Dieser bietet zwar bereits Handhabe gegen offene Verherrlichung der IS-Gräueltaten sowie Propaganda für die radikalislamische Gruppierung, doch viele hasserfüllte Kommentare, die aggressive Stimmung schürten und das Anwerben von Unterstützern erleichterten, seien derzeit noch nicht abgedeckt. (gpi, DER STANDARD, 21.9.2014)