Eisenstadt - Diese Woche wird der rot-schwarze Entwurf zu einer proporzfreien Landesverfassung "einlaufen", wie es im Jargon heißt. Die noch durch den Proporz aneinander geketteten Regierungsparteien SPÖ und ÖVP feiern den Entwurf als "Meilenstein" (VP-Klubchef Rudolf Strommer), wenn nicht gar "die modernste Landesverfassung Österreichs" (SP-Klubchef Christian Illedits).

Die Opposition – FP mit drei, Grüne und Liste Burgenland (LBL) mit je einem Sitz von 36 – sieht das eine Spur anders. Géza Molnár, der den Blauen von 2006 bis 2013 den Klubdirektor gemacht hat, spricht gar vom "Irrsinn, der im Detail steckt".

"Mehr Infrastruktur"

Vor allem in der Erhöhung der Mandatsgrenze für den Klubstatus von bisher zwei auf dann drei Abgeordnete. Rot und Schwarz verweisen darauf, dass im Gegenzug dafür die Kleinstfraktionen (wie derzeit eben Grün und LBL) mit mehr Infrastruktur rechnen könnten. Strommer: "Wir verabschieden jetzt eben die Nachkriegsordnung, stellen uns auf einen bunteren Landtag mit mehreren Parteien, ein."

Weniger Rechte

Was dort, bei den jetzt schon mehreren Parteien, Kopfschütteln auslöst. Grünen-Chefin Regina Petrik:_"Am Klubstatus hängen demokratische Rechte: Teilnahme an der Präsidiale, dringliche Anträge und so weiter." Außerdem, so FP-Klubchef und Kontrollausschuss-Obmann Johann Tschürtz: "Das Prüfauftragsrecht an den Rechnungshof hängt daran." Echte Oppositionsarbeit (Molnár: "Ich sage das nicht als Blauer, sondern als Parlamentarier.") sei so unmöglich.

Das Burgenland ist mit der Klubgrenze im durchaus vorbildlicheren Bereich (Ober- und Niederösterreich verlangen etwa vier Mandate). "Aber niemand", so Petrik, "hat mir sagen können, warum man das nun erhöht." Außer: "Es war ein Wunsch der ÖVP", was auch der rote Verhandlungspartner bestätigt. Strommer eiert auf Standard-Nachfrage etwas herum: "Es war eine politische Einigung. Manfred Kölly sieht das zum Beispiel gelassener." Das hört sich vom LBL-Mann so an: "Es ist ein Skandal, schädigt massiv kleinere Parteien und Initiativen."

Ausweitung der Kontrolle

Die neue Verfassung, auf die sich SPÖ und ÖVP in der Vorwoche geeinigt hatten, sieht allerdings auch eine ziemlich rigorose Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle vor: Die Prüfkompetenz des Landesrechnungshofs wird auf alle Gemeinden und auch deren Beteiligungen erweitert. Ein Punkt, gegen den sich die ÖVP lange gewehrt hat. Man fürchtete Überschneidungen mit der Gemeindeaufsicht.

Noch entscheidender aber wird die Minderheitenkompetenz bei der Einsetzung parlamentarischer Untersuchungsausschüsse (Niessl: "Den Vorsitz wird ein Richter führen"). Ein Viertel der Abgeordneten wird künftig einen solchen U-Ausschuss auf die Beine stellen können.

Keine Prozenthürde bei Vorzugsstimmen

Eine sehr tiefgreifende Änderung findet sich auch im neuen Wahlrecht, das dem internen Listengemauschel ordentlich zu Leibe rücken wird. Es wird nämlich künftig keine Prozenthürde bei den Vorzugsstimmen geben. Diese lag bisher bei 15 Prozent. Schon bei der nächsten Wahl wird unabhängig davon der stimmenstärkste Bezirkskandidat jeder Grundmandatspartei in den Landtag entsandt. Ab 2015 wird auch ein zweiter Wahltag neun Tage vorm eigentlichen Wahltag eingeführt, sodass ohne Wahlkarte oder Brief gewählt werden kann.

Eine Forderung der SPÖ, die Verkleinerung des Landtages, wird nicht verwirklicht werden. Dafür soll spätestens 2020 - 2015 wird dafür nur die Möglichkeit eröffnet - die Regierung von sieben auf fünf Mitglieder reduziert werden.

(Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 21.9.2014)