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Anders als in Österreich gibt es in Deutschland seit Jahrzehnten schwul-lesbische LehrerInnengruppen.

Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

"Was haben Sie am Wochenende gemacht, Herr Professor?" Anhand dieser harmlosen Frage erläutert Frank Gassner, Lehrer für bildnerische Erziehung an einem Wiener Gymnasium, die Problematik. "Sage ich: Ich habe mit meinem Freund einen Ausflug gemacht? Oder mit meinem Lebensgefährten?" Er hat sich für Letzteres entschieden und sich auch in der Schule geoutet. Erst vor der Kollegenschaft und der Direktorin, dann auch in den Klassen, die er unterrichtet.

Um sich mit anderen über seine Erfahrungen auszutauschen, hat er "Eduqueer" gegründet, eine offene Gruppe für lesbisch/bi/schwule, Trans- und Inter-LehrerInnen, die sich seit kurzem einmal monatlich in der HOSI Wien (Homosexuellen-Initiative Wien) trifft. Im Zentrum steht eine, wie er es nennt, "Bewusstmachung" oder "Ermunterung" derjenigen, die es betrifft. "Kinder sind neugierig", sagt er, "der Frage nach dem Privatleben muss man sich stellen. Ich bin der Meinung, dass wir uns 2014 nicht mehr verbiegen müssen."

Homophobe Aussagen

"Wir", das sind bisher rund 40 Lehrende aus den unterschiedlichsten Kontexten, vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung. Christa Gasz, sie hat bisher vor allem Deutsch als Fremdsprache unterrichtet und macht gerade ihr Lehramt für die Schule nach, erzählt: "Es hat sich bisher nie ergeben, dass ich mich geoutet habe, es war aber nie gar kein Thema. Zum Beispiel wenn homophobe Aussagen fallen."

In Deutschland, erzählt Gassner, gebe es schon seit Jahrzehnten schwul-lesbische LehrerInnengruppen, in Österreich bisher noch nicht. Das Ganze sei "nicht angelegt als Aufklärungsprojekt", dafür gebe es schon andere Initiativen. Es gehe auch nicht darum, einen Forderungskatalog aufzustellen, die gesetzlichen Grundlagen gegen etwaige Diskriminierung seien in Österreich ja gegeben. Er selbst habe mit seinem Outing an seiner Schule keinerlei Probleme gehabt. Andere sind sich ihrer Sache noch nicht so sicher. "Einige jüngere KollegInnen sind da schon vorsichtig, vor allem vor dem Einstellungsgespräch", sagt Christa Gasz.

Kein vorauseilender Gehorsam

Es gebe einen Fall, in dem eine Direktorin ein ausdrückliches Outingverbot in Bezug auf die SchülerInnen ausgesprochen habe. Die Begründung: der hohe Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund. Für Gassner ist Derartiges "vorauseilender Gehorsam". Auch er unterrichte an einer Schule mit hohem MigrantInnenanteil und habe keine negativen Erfahrungen gemacht. Im Gegenteil: Als er im Werkunterricht nach seinem Outing mit einer 4. Klasse mit einem Nudelwalker Tonplatten ausgewalkt habe, sei die Frage nach dem Kochen aufgekommen: "Können Sie kochen, Herr Professor? Nein? Kann dann wenigstens Ihr Mann kochen?"

Diese Erfahrung der Akzeptanz fehlt Christa Gasz noch. Sie habe sich ertappt gefühlt, als sie ihre Freundin geküsst habe und dabei von SchülerInnen gesehen wurde. Thematisiert habe sie das in der darauffolgenden Stunde nicht. Noch nicht. Deswegen will sie jetzt "mit anderen darüber nachdenken" – und sich auch in der Schule outen. "Weil ich eigentlich gar nirgends arbeiten möchte, wo das nicht okay ist." (Tanja Paar, dieStandard.at, 1.10.2014)