Die olympische Familie stand schon in besserem Ruf. Gegenwärtig, so hat man den Eindruck, wird sie nur dorthin eingeladen, wo nicht lange nachgefragt werden muss, ob sie auch willkommen ist. Das ist durchaus verständlich. Schon die Einladung vulgo Bewerbung kostet Unsummen. Gibt es die Zusage, werden erst echte Vermögen fällig, um es der olympischen Familie auch bequem zu machen. Das ist mit jahrelangen Unannehmlichkeiten verbunden. Und sie macht sich, erst einmal im Haus, ziemlich breit, die liebe Familie. Das Benehmen der Olympier lässt oft zu wünschen übrig, sie geben sich protzig, sind nicht leicht zufriedenzustellen. War die olympische Familie da, bleiben oft Schulden zurück. Und Anschaffungen – Eiskanäle, Sprungschanzen, Hallen für dies und das –, die kein Mensch mehr braucht.

Es bedarf keiner großen Überzeugungskraft, jenen, die über die Einladung der olympischen Familie mitbestimmen dürfen, diese auszureden. Am Beispiel der Olympischen Winterspiele 2022 ist das in etlichen Fällen hervorragend gelungen. Volksbefragungen beendeten die Avancen von München, St. Moritz, Stockholm und, am Mittwoch, in Oslo. Barcelona und Lemberg zuckten aus finanziellen Gründen zurück, ohne vorher groß mit den Bürgern Rücksprache zu halten.

Bleiben als Bewerber Peking und Almaty in Kasachstan. Beide Bewerbungen kommen natürlich ohne Zustimmung der leidtragenden Bevölkerung aus. Olympia wird zusehends zur Domäne autoritärer Systeme. Die noch etwas attraktiveren Sommerspiele wird der Trend auch noch einholen. Schon ist in Berlin eine zähe Debatte über die Bewerbung für 2024 im Gang. Unter den zu einer Bewerbungen wild Entschlossenen sind Doha und Baku quasi die am wildesten Entschlossenen und jedenfalls finanziell deutlich potenter als Paris und Montreal. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) gelobt, gegen den eigenen Gigantismus anzukämpfen. Durch das Streichen einiger Sportarten wird die olympische Familie aber nicht unbedingt sympathischer. Dazu bedarf es entschlossenerer Anstrengungen, der Kommerzialisierung des Sports Einhalt zu gebieten. (Sigi Lützow, derStandard.at, 2.10.2014)