Susanna Wieseneder.

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Der Abschied aus einem Unternehmen (Off-Boarding) ist ein Wechselbad der Gefühle. Unternehmen haben aber erkannt, dass das Ausscheiden von Mitarbeitern sich stark auf die Unternehmensreputation auswirkt und agieren auch danach. Professionalität in der Begründung des Ausstiegs, Referenzen, die halten, was sie versprechen, und ritueller Abschied stehen jetzt auf dem Plan. Enttäuschung über wenig Dank und Anerkennung müssen bewältigt werden. Der Nachfolge-Kandidat steht in den Startlöchern, die Köpfe der Gefolgschaft richten sich nach dem oder der Neuen aus.

Das alles ist starker Stoff für das Ego und den Selbstwert. Nach Austritt aus dem Unternehmen beginnt erst die eigentliche Abschiedsphase.

Wie in einem großen Reflex starten Betroffene dann meist auf eine Rennstrecke, als gäbe es kein Morgen. Termine, Kontakte, Gespräche. Wesentlich ist hier jedoch zuallererst: Abstand. Entschleunigen. Klarheit und Orientiertheit. Weder der Einzelne noch Personalberater, Executive Searcher oder Personalchefs profitieren von einem überhasteten, emotional geladenen Gespräch. Und sie lösen die akute Jobsuche nur selten schnell.

Klarheit schaffen & Erkenntnisse gewinnen

Es geht zuerst darum, Klarheit und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, was man in der vergangenen Position gelernt hat. Wo und wie möchte und kann man künftig arbeiten? Und was ist in meiner Lebensbiografie zwischen Sachzwang und Lebensfreude möglich?

Ein schnelles Comeback gibt es in den seltensten Fällen. Davor passiert idealerweise das Coming Home, bei dem ein gutes Gespür für sich selbst, für Stärken und Schwächen entwickelt wird, um dann das Coming Again zu planen und zu realisieren. Das kann dauern.

Alte Verhaltensmuster und manche Arbeitsmärkte sind zäh, und der Start in einer neuen Position kann über Zwischenschritte laufen. Diese oftmals als Prüfungsprojekte oder -phasen bezeichneten Engagements haben einen hohen Lerneffekt.

Das ist auch nicht mehr ganz ungewöhnlich: Seitwärtsbewegungen in Konzernen, Experten-Jobs, Selbstständigkeit und Partnerschaften in Netzwerken durchdringen heutige Berufsbiografien. Dieses Bild der brüchigen Karrieren wird in den nächsten Jahren noch viel häufiger zu finden sein. Es wird zum neuen Normalen.

Im Endeffekt bereichern sie den Erfahrungsschatz enorm. Der Einstieg in eine neue Position in einem Unternehmen gelingt, wenn die kritische Reflexion und die Planung verinnerlicht sind. Und die Kraft, auch Neues zu schaffen oder bisher unbekannte Wege zu gehen, wieder vital spürbar ist.

Denn am Ende solcher individueller Veränderungsprozesse steht die Antwort auf die Frage, wie das Gelingen eines Lebens und beruflicher Erfolg gut zusammenpassen können. (Aus unserem Jahresmagazin KARRIERENSTANDARDS 2014)