Graz - Der deutsche Video- und Filmkünstler Dennis Feser spannt den Bogen seiner künstlerischen Arbeit von Berlin über Nigeria bis ins Alpenland: Der Brauch des Perchtenlaufs wird zum Mittelpunkt seines installativen Performancevideos Rauhnacht. Gemeinsam mit dem nigerianischen Performer Jelili Atiku widmet Fesser sich beim Steirischen Herbst der Traditionalität und Veror-tung.

Schon bei Fesers Wahl eines künstlerischen Mediums äußert sich ein Hang zu Fragen der Authentizität. In seinen Performancevideos spielt er mit deren vorgeblicher Einmaligkeit, die er durch Videoaufzeichnungen und mediale Nachbearbeitung dekonstruiert. So entfaltet sich etwa durch Zeitraffung die tatsächliche Bedeutung einer Performance. Das Rohmaterial wird erst durch den Schnitt zur konstruierten Realität.

Auch inhaltlich drehen sich Fesers Arbeiten um verschiedene Identitäten, wobei immer wieder Elemente der Volkskunst eine Rolle spielen. In performativer Auseinandersetzung mit alten Riten anderer - etwa afrikanischer - Kulturen wird das sogenannte Fremde relativiert und in ein Naheverhältnis zur europäischen "Hochkultur" gesetzt.

Wiederkehrender Ausgangspunkt ist dabei der europäische Kolonialismus. In dem Performancevideo Organic, bei dem sich Feser mit Pflanzen bedeckt und einkleidet, soll der "ethnografische Blick" der Europäer thematisiert werden: Alles Fremde ist einerseits negativ und gefährlich konnotiert, gleichzeitig ist es Inbegriff der Sehnsucht. Das gefährliche Andere wirkt ebenso abstoßend wie anziehend.

Fesers Arbeit Rauhnacht für den Steirischen Herbst thematisiert den Perchtenlauf als Konstruktion von Volkszugehörigkeit: Die Angst vor den Perchten, dem personifizierten Bösen, schweißte die alpenländische Bevölkerung zusammen. Diese spezifische Funktion des Ritus konfrontiert der nigerianische Performer Jelili Atiku mit dem Blick des "Fremden". Afrikanische Traditionen stoßen auf alpenländische Bräuche - und zeigen dabei zahlreiche Parallelen. (Lina Paulitsch, Spezial, DER STANDARD, 03.10.2014)