Graz - Einhörner, rosa Märchenschlösser, in denen Barbie die Sommerfrische ohne Ken verbringt, bunte Vögelchen, pinke Ballons, eine Meerjungfrau - und dazwischen nackte Haut: So präsentiert sich das Entree zur Homepage von Ann Liv Young. So ist auch die Mischung, die ihre zwischen Trash-Feminismus, Pornoparodie und ein bisschen Genderspiel und Märchenwelt angesiedelte Arbeit ausmacht. Ann Liv Young kann provozierend oder einfach nur komisch sein, jedenfalls schaffte es die Amerikanerin mit genau dieser Mischung zum Superstar der Performanceszene.

Beim Steirischen Herbst war sie schon mehrmals zu Gast. 2011 ordinierte sie als Sherry in einem bescheidenen Zimmer des Hotel Mariahilf, um dort in Einzelsitzungen ihr Publikum zu "sherapieren" - inklusive Aromafläschchen zum Nach-Hause-Nehmen. Im Vorjahr kam sie gleich mit einem ganzen Truck und bot darin neben Therapien auch Pediküren an. Und sie zeigte ein Stück - freiest nach Dornröschen.

In Graz gab es, verglichen mit anderen Shows, nachgerade ein Wohlfühlprogramm. Ann Liv Young kann auch anders. Sie schreckte in der Vergangenheit nicht einmal vor Sex mit Bühnenpartnern vor dem doch überraschten Publikum zurück.

Doch nun hat sie sich - nach Dornröschen und Schneewittchen - die griechische Mythologie vorgeknöpft. Ihr hat es Elektra angetan, die ihr ganzes Leben dem Ziel unterordnet, den Tod ihres Vaters Agamemnon zu rächen. Den hat bekanntlich Elektras Mutter, Klytämnestra, ums Eck gebracht.

Elektra werde dafür bestraft, dass sie sagt, was sie sich denkt und klar ihren Weg geht, glaubt Ann Liv Young. So ein Verhalten sei noch immer ein Aufreger. Es scheint, als habe die Performerin in Elektra das Bad Girl gefunden, das sie in Grimms Frauenfiguren eine Spur länger suchen musste. Man darf gespannt sein. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 3.10.2014)