Der Wasserfall, den Georg Nussbaumer in seinem Opus mit sieben Chören besingen lässt, hat genau genommen etwas mit Flaschen zu tun. Wen könnte das gerade in der Stainzer Gegend wundern?

Stainz - Unorthodox würde man die Methode bezeichnen, mit der Georg Nussbaumer Instrumenten Klänge entlocken will. Drei Musiker ließ er in einem Baderaum im Mannheimer Herschel-Bad mit Hirschgeweihen statt mit Bögen auf ihren Bratschen spielen. Das Ganze war Teil von Nussbaumers Interpretation von Tristan und Isolde, bei der die Zuschauer während der Aufführung badeten und unter Wasser einem der drei Akte der Wagner-Oper lauschen konnten.

Wassermusik

Am Beckenrand wurden derweil mit verschiedenen Klanginstallationen sonderbare Töne erzeugt, etwa mit Wagner-Miniaturbüsten, die auf Klaviertasten geschlagen wurden. Den Badespaß nannte der Künstler Tristan - Schwimmen und Schweigen. Wie sich von der Decke fallende Waffenteile, Knochen, Glocken oder Kartoffeln anhören, erfuhren Besucher der Eröffnung des Steirischen Herbstes 2006. Der Komponist und Installationskünstler ließ bei seinem Klangkunstwerk Schwerefeld mit Luftabdrücken Gegenstände von der Decke fallen und auf kleinen Sandhügeln hinter Plexiglas aufschlagen. Dabei regneten die Objekte nach einer Partitur von der Decke.

Georg Nussbaumer, 1964 in Linz geboren, verwischt die Grenzen zwischen Komposition, Performance und Installation. Er arbeitet mit organischen und anorganischen Materialien, bettet Instrumente in raumgreifende Installationen, ebenso Maschinen, Videos, lebende Tiere. Manchmal führt Nussbaumer seine Stücke im öffentlichen Raum über einen längeren Zeitraum auf und schickt Menschen und Instrumente auf Reisen.

Für Barkarola etwa bewegten sich sechs Flügel eine Woche lang durch Lódz. Und 2010 wunderten sich Passanten auf dem Sunset Boulevard in Los Angeles vermutlich, wer die Gruppe von Menschen mit Gießkannen auf dem Kopf ist. Es waren Freiwillige für Nussbaumers Beitrag zum Los Angeles Ring Festival. In Invisible Siegfrieds Marching Sunset Boulevard dehnte er Richard Wagners Ring des Nibelungen zu einer viertägigen, über 32 Kilometer langen Passagenoper aus. Siegfriede mit Tarnhelmen (Gießkannen) marschierten entlang der bekanntesten Straße der Stadt bis zum Ozean, Brunhilde sang versteckt unter Decken im Einkaufswagen.

Auch beim heurigen Steirischen Herbst schickt Nussbaumer Menschen auf Reisen, diesmal per Bus: Sieben Chöre aus der Region Stainz brechen zusammen mit dem Publikum aus ihren jeweiligen Heimatorten auf. Unterwegs wird an Gewässern gehalten: bei Bächen und Teichen oder Dorfbrunnen - die Sänger stimmen traditionelle Lieder auf das kostbare Gut an. Nussbaumer gibt den Chormitgliedern "Flaschenorgeln" mit auf den Weg. Bei jedem Halt wird etwas Wasser in die Flaschen gefüllt, sodass sich beim Anblasen der Ton ändert.

Wenn die Chöre nach Stainz zurückkehren und in der Pfarrkirche vereint ein Konzert anstimmen, wird zwischen den Tönen immer wieder Wasser abgetrunken, bis die "Flaschenorgel" auf den Grundton zurücksinkt - wie ein Wasserfall. Deshalb nennt Nussbaumer sein mobiles Chorkonzert Ein Weststeirischer Wasserfall.

"7 Chöre auf Reisen", Stainz, Schlossplatz, 11. & 12. 10. 13.00; "Konzert mit 7 Chören", Pfarrkirche, 11. & 12. 10., 16.30

Foto: J. J. Kucek

(Michael Ortner, DER STANDARD, 3.10.2014)