Verwandte, zwischen denen 48 Millionen Jahre liegen: Oben ein Pferdeschädel, unten die Kiefer zweier Anthracobunidae.

Foto: Cooper Lab, NEOMED

Rootstown - Die Anthracobunidae lebten im mittleren Eozän, wurden bis zu zwei Meter lang, hielten sich bevorzugt in Wassernähe auf und ähnelten auf den ersten Blick am ehesten heutigen Flusspferden oder Tapiren. Dasselbe könnte man über die etwas größeren Moeritherien sagen, die etwa zehn Millionen Jahre später lebten. Von diesen weiß man, dass sie an der Wurzel des Stammbaums standen, der zu den Elefanten führte - weshalb man die Anthracobunidae bislang ebenfalls zu den frühen Rüsseltieren zählte.

Neue Knochenfunde führten US-amerikanische Paläontologen nun jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis. Wie das Team um Lisa Noelle Cooper von der Northeast Ohio Medical University in "PLOS ONE" berichtet, dürften die Anthracobunidae nicht mit den Elefanten, sondern mit den heutigen Pferden und Nashörnern verwandt sein.

Neubewertung

Untersucht wurden 48 Millionen Jahre alte Fossilien, die wie alle Anthracobunidae-Funde bisher vom indischen Subkontinent stammen. Die dicken Knochen der Tiere sieht Cooper als Bestätigung früherer Annahmen, dass die Tiere zwar grundsätzlich landlebend waren, aber auch viel Zeit am und im Wasser verbrachten. Eine solche Knochenstruktur würde nämlich dem Auftrieb entgegen wirken - ähnliche Strukturen ließen sich bei ganz unterschiedlichen Tiergruppen mit semiaquatischer Lebensweise finden, von Flusspferden über Otter bis zu Pinguinen. Auch Isotopen-Analysen sprechen für diese Annahme.

Mit der Rüsseltier-Hypothese wäre das durchaus vereinbar, denn gleich zwei nahe mit den Rüsseltieren verwandte Tiergruppen haben das Wasser als Lebensraum für sich erobert: die Seekühe und die vor etwa sieben Millionen Jahren ausgestorbenen Desmostylia, die äußerlich Flusspferden mit kurzen Stoßzähnen ähnelten. Problem allerdings: Die Rüsseltiere stammen aus dem damals noch isolierten Afrika - sämtliche Anthracobunidae-Funde wurden aber in Indien und Pakistan gemacht.

Dieses Rätsel glauben die Forscher um Cooper nun gelöst zu haben: Die Analyse von Zähnen und Schädelknochen der Anthracobunidae führte sie zum Schluss, dass die plump gebauten Tiere frühe Vertreter der Unpaarhufer, nicht der Rüsseltiere waren. Was sie gleichzeitig als Bestätigung bisheriger Annahmen werten, dass sich die Ahnen aller heutigen Pferde, Nashörner und Tapire in Asien entwickelten. (jdo, derStandard.at, 10. 10. 2014)