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Wer einen Angehörigen pflegen muss, kann seit heuer in Pflegekarenz gehen

Foto: apa

Wien - Das Ziel war klar umrissen: Um berufliche und familiäre Verpflichtungen besser vereinbar zu machen, beschloss die Regierung mit 1. Jänner 2014 die Einführung einer Pflegekarenz sowie einer Pflegeteilzeit. Wer sich also um einen Angehörigen kümmern muss, der zumindest Pflegegeld der Stufe 3 (120 Stunden Pflegebedarf pro Monat) bezieht, kann sich seither für bis zu drei Monate karenzieren lassen.

Während dieser Zeit ist man kündigungsgeschützt und hat Anspruch auf Karenzgeld (in Höhe des Arbeitslosengelds, maximal 1400 Euro monatlich). Wer die Arbeit nur teilweise reduzieren will, kann in Pflegeteilzeit gehen. Die Geldleistung wird dann anteilig auf Basis des reduzierten Einkommens errechnet.

Geringe Inanspruchnahme

Dem STANDARD liegt nun eine erste Auswertung der beiden neuen Sozialleistungen vor. Dabei zeigt sich, dass die Inanspruchnahme nicht rasend stark ist. Vor der Einführung ging man im Sozialministerium noch von 1600 Beziehern aus - je zur Hälfte Pflegekarenz und -teilzeit. Tatsächlich gibt es derzeit nur 645 Bezieher (inklusive Familienhospizkarenz). Vor allem die Teilzeitvariante wird fast gar nicht in Anspruch genommen. Gerade einmal 19 Personen nutzten das Modell im September.

Auffallend ist aber auch, dass mehr als die Hälfte aller Bezieher arbeitslose Menschen sind. Eine detaillierte Analyse der Hintergründe wurde im Sozialministerium noch nicht durchgeführt, ein Grund für diese Entwicklung liegt aber auf der Hand: Wer einen Arbeitgeber hat, braucht dessen schriftliche Zustimmung, bevor Karenzgeld bezogen werden kann. Bei Arbeitslosen fällt diese Hürde weg.

Nicht in Arbeitslosenstatistik

Der Vorteil für die Betroffenen: Während der Pflegekarenz kann man vom AMS in keine Schulungsprogramme gesteckt werden. Umgekehrt fallen die Bezieher aus der Arbeitslosenstatistik heraus - wobei das angesichts der absoluten Zahlen natürlich ein zu vernachlässigender Effekt ist.

Für Pflegekarenz und -teilzeit hat der Staat in den kommenden Jahren Ausgaben zwischen sechs und 13 Millionen budgetiert, wobei die großen Kostenfaktoren im Pflegesystem weiterhin woanders liegen: Beim Pflegegeld werden wegen verschärfter Zugangsregelungen zwar die Steigerungen gedämpft, starke Zuwachsraten gibt es aber bei der 24-Stunden-Betreuung, die der Bund zu 60 Prozent finanziert. (Günther Oswald, DER STANDARD, 16.10.2014)