Da hat man dieser Tage in den Pfarrhöfen der katholischen Welt schon den Messwein eingekühlt, und dann bricht plötzlich der eigentliche Feiergrund weg. Die mit Spannung erwartete Vorstellung der Ergebnisse von zwei Wochen voller Diskussionen um heikle Themen für die katholische Kirche hat die Basis knallhart auf den Kirchenboden der Realität zurückgebracht. In den besonders strittigen Punkten wie etwa dem Umgang der katholischen Kirche mit Geschiedenen und der Haltung gegenüber Homosexuellen ist auch nach der zweiwöchigen Klausur unter Chef-Aufsicht nichts weitergegangen.

Noch am vergangenen Montag hatte ein Zwischenbericht Aufsehen erregt, in dem es hieß, Homosexuelle könnten die Kirche mit ihren "Gaben und Eigenschaften" bereichern. Übereilt wurde dies als neuer Ton der Kirche gewertet. Doch schon am Samstag wurde schwulen und lesbischen Katholiken die Nächstenliebe entzogen, das brisante Thema im Vatikan nicht einmal mehr angesprochen.

Fairerweise muss man natürlich die Erfolgslatte für die katholische Kirche entsprechend tief ansetzen. Die Bischöfe sind der päpstlichen Einladung nachgekommen - dafür gab's vom Heiligen Vater persönlich auch Kekse in den Gesprächspausen. Und die Würdenträger haben sich der Diskussion gestellt - auch wenn der konservative Flügel letztlich den vatikanischen Haussegen wieder geraderichten durfte. Rein personalpolitisch lässt sich die Synode damit als Erfolg werten: Ausnahmsweise wurde bei Problemen nicht gleich Gott angerufen, sondern intern und auf Augenhöhe debattiert.

Das Signal nach außen ist aber im Gegenzug fatal. Franziskus droht jetzt an seiner Rolle als ungewöhnlich offener Papst, als einer, der Reformen will, der "heiße" Eisen anspricht und plötzlich Fragen zur Befindlichkeit der Gläubigen hat, zu scheitern. Mit der weltweiten Befragung des Kirchenvolkes als Basis für die Synode hat der Papst zwar enorm an Sympathien gewonnen, die "Wünsch dir was"-Methode birgt allerdings auch ein hohes Risiko.

Beim Kirchenvolk wurden Begehrlichkeiten geweckt, die es irgendwann auch einmal zu stillen gilt. Wenn sich dann aber schon beim ersten synodalen Versuch in Richtung Erneuerung die Mehrheit der Bischöfe einer Öffnung der Kirche verschließt, ist die Enttäuschung bei vielen Gläubigen unweigerlich groß. Und die Begeisterung für Franziskus droht entsprechend rasch abzunehmen.

Deutlicher denn je zeigt das magere Ergebnis der Synode, dass das Tempo des Papstes für beide Seiten zu hoch ist. Der konservative Flügel ist jetzt erstmals fest auf die Reformbremse gestiegen. Die Gefahr für Franziskus, auf dem Weg hin zu einer neuen Kirche über Prügel, wohl platziert aus Kurien-Kreisen, zu stolpern und letztlich resigniert zu emeritieren, war wohl noch nie größer. Und es droht das Volk aus purer Enttäuschung über unerfüllte Wünsche die päpstlichen Jubelchöre auszusetzen. Womit es auf dem Stuhl Petri ungemütlich und einsam wird.

Dem anfänglichen Optimismus wird jetzt wohl unweigerlich eine Phase des Pessimismus folgen. Doch dort darf das Kirchenvolk nicht verharren, für einen Aufbruch muss der Realismus das Ziel sein. Und der Papst wird letztendlich daran zu messen sein, ob er sich mit einer Entscheidung gegen die Mehrheit der Synode stellt. Dann hätte er die Gläubigen auf seiner Seite, die Kirchenleitung aber gegen sich. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 20.10.2014)