Bild nicht mehr verfügbar.

Da war die Welt noch in Ordnung: Barbara Unterkofler (Neos) und Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) bei der Angelobung.

Foto: APA

Wer vor einigen Wochen den neuen Landessprecher der Salzburger Neos, Christian Dreyer, fragte, was denn die Neos aus dem Wahlerfolg in der Stadt Salzburg so gemacht hätten, bekam nicht viel zu hören. Man sei zwar gut aufgestellt, sagte der Nachfolger von Sepp Schellhorn (der Hotelier wechselte in den Nationalrat), aber mit fünf von 40 Gemeinderäten könne man eben nicht alles sofort ändern. Tapfer zählte dann Dreyer noch ein paar "Erfolge" auf, wie zum Beispiel, dass man plane, einen Teil der Parteienförderung sozialen Zwecken zukommen zu lassen, oder die medizinische Versorgung für Obdachlose verbessern wolle.

Das ist nicht viel für eine Partei, die im März dieses Jahres beim ersten Antreten 12,4 Prozent erreicht hatte und - da in Salzburg die Regierung entsprechend dem Wahlergebnis proporzmäßig beschickt wird - aus dem Stand mit Spitzenkandidatin Barbara Unterkofler in die Stadtregierung eingezogen ist. Auch in den eigenen Reihen fragten manche, ob’s das nun schon wieder gewesen sei.

Aber dann plötzlich die zündende Idee: In ihrer Funktion als Baustadträtin zweifelte Barbara Unterkofler öffentlich die für den Neubau eines Hallenbads im Zentrum der Landeshauptstadt veranschlagten Kosten von rund 55 Millionen an. Es drohten 70 Millionen oder mehr.

Unendliche Geschichte

Für alle Nicht-Salzburger an dieser Stelle ein Einschub zum Thema Bad. Von einem viel zu kleinen Provisorium an der Alpenstraße im Süden der Stadt (dem sogenannten AYA-Bad) und dem baufälligen Paracelsus-Bad (die Betriebsgenehmigung dürfte Mitte 2015 endgültig ablaufen) im Stadtzentrum in der Nähe des Schlosses Mirabell einmal abgesehen: Die Landeshauptstadt Salzburg hat für ihre 150.000 Einwohner bis heute kein vernünftiges Hallenbad.

Seit Jahrzehnten diskutiert, plant und verwirft die Kommunalpolitik unter Federführung von Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), Stadtrat Johann Padutsch (Grüne) und Vizebürgemeister Harald Preuner (ÖVP) beziehungsweise seinem Vorgänger Karl Gollegger (ÖVP) jede Menge Standorte und Projekte. Welche Summen Planungen, Wettbewerbe und Abschlagszahlungen bis dato verschlungen haben, weiß vermutlich nicht einmal mehr die Finanzabteilung des Magistrats. Die Freiheitlichen haben jedenfalls bereits angekündigt, zu dieser Frage einen Untersuchungsausschuss zu beantragen.

"Das wird nix!"

Zuletzt einigte man sich dann doch auf einen Standort: Es ist der des jetzigen Paracelsus-Bads im Stadtzentrum. Für diesen spricht tatsächlich einiges. Allen voran die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein unverzichtbares Plus. Etwa 10.000 Salzburger votierten dann auch mit ihrer Unterschrift für diesen Standort.

Es gab sogar ein Siegerprojekt. Aber – wie an dieser Stelle vor fast genau einem Jahr bereits prognostiziert: "Das Modell eines Komplexes mit Schwimmbecken auf vier Ebenen sieht richtig gut aus, würde aber 70 Millionen Euro kosten. Mindestens. Jetzt wird einmal die statische Machbarkeit geprüft. Der gelernte Salzburger hört Machbarkeitsstudie und versteht: Das wird nix!" So war es dann auch. Jetzt soll das zweit- oder vielleicht doch das drittgereihte Projekt zum Zug kommen: Bad, Bürohaus, Tiefgarage um rund 55 Millionen.

Entmachtung

Zurück zu den Neos und Barbara Unterkofler: Die Baustadträtin sagte öffentlich, sie glaube nicht an die von Schaden, Padutsch und Preuner versprochenen 55, es würden 70 oder mehr Millionen Kosten entstehen. Das sei ihr zu viel, sie verlange eine neue Standortdiskussion. Egal ob exzellente Taktik oder Anfängerinnenglück: Unterkoflers Kalkül, sich als Sparmeisterin und Verfechterin einer transparenten Politik zu inszenieren, ist voll aufgegangen.

Denn anstatt sich inhaltlich mit dem Begehr nach einer neuen Standortdiskussion auseinanderzusetzen – die wäre wohl angesichts der mangelnden Verkehrsanbindung anderer Standorte nämlich tatsächlich ziemlich schnell wieder vom Tisch – und anstatt die eigenen Kostenrechnungen zu kommunizieren, schritten SPÖ, Grüne und ÖVP zur formalen Tat: Der Baustadträtin sollen kommenden Montag (27. Oktober) im Stadtsenat die Agenden für das Bad einfach per Mehrheitsbeschluss entzogen werden – formal will der Bürgermeister die Agenden an sich ziehen.

Gelungene Inszenierung

Die Lokalmedien griffen das Bild begierig auf: drei alte Polit-Männer (Schaden und Padutsch sind seit 1992 in der Stadtregierung) gegen die Newcomerin, die vor einer Kostenexplosion warnt. Wen interessiert da noch, dass Unterkofler mit ihrem Alleingang das erst ein paar Monate alte Regierungsübereinkommen gebrochen habe, wie Schaden moniert.

Auch der Hinweis, man habe die 55 Millionen für das Bad "am Sparbüchl" (Schaden), hilft da wenig. Und um das PR-Desaster für Rot-Grün-Schwarz komplett zu machen, boykottierte Schaden dann noch eine vergangene Woche angesetzte Eröffnung einer neuen Fahrradbrücke in Salzburg, an der auch Unterkofler kraft ihrer Funktion als Baustadträtin teilgenommen hatte.

Mit der angekündigten Entmachtung wurden die Neos in der Stadt Salzburg von SPÖ, Grünen und ÖVP jedenfalls neu positioniert: Sie sind jetzt die Oppositionspartei auf der Regierungsbank. Für die Neos eine angenehme Rolle, in der sie wenig falsch machen können. (Thomas Neuhold, 20.10.2014, derStandard.at)