Die rot-grüne Zusammenarbeit in Wien war bisher vielleicht nicht immer harmonisch, aber doch von gegenseitigem Respekt geprägt. Und taten sich - wie bei der Mariahilfer Straße - ein paar Gräben auf, wurden diese gemeinsam wieder zugeschüttet. Die festgefahrenen Positionen bei den Verhandlungen um ein neues Wahlrecht zeigen aber auch, dass die Parteien noch in der Lage sind, mit Dreck aufeinander zu werfen.

Man kenne die Umfragewerte der Wiener SPÖ, feixt der grüne Klubobmann David Ellensohn. Der Subtext: Logisch, dass die Roten bei Werten unter 40 Prozent um jedes Mandat im mehrheitsfördernden Wahlrecht kämpfen. Das Ultimatum der Grünen, bis Ende November ein Wahlrecht zu präsentieren, wird von der SPÖ hingegen lässig-locker ignoriert. Es sei noch genug Zeit. Diese Haltung schadet den Grünen, die nach jahrelangen Ankündigungen bei diesem Thema langsam ihre Glaubwürdigkeit verlieren.

Michael Häupl und Maria Vassilakou sollten dabei eines bedenken: Am Ende des Tages - und der ist in diesem Fall die Wien-Wahl 2015 - könnten beide wieder aufeinander angewiesen sein. Eine Koalition mit der FPÖ schließt Häupl aus; beim Landesparteitag im April sprach er sich gegen eine Zusammenarbeit mit den Neos aus. Bleibt die ÖVP, die sich zuletzt wahrlich nicht mit Ruhm bekleckerte. Diese Aussicht sollte ausreichen, bald ein Wahlrecht zu präsentieren, bei dem Rot und Grün ihr Gesicht wahren können. (David Krutzler, DER STANDARD, 21.10.2014)