Unregelmäßige Balkonbäuche, viel Freiraum in Wien-Simmering.

Foto: Manfed Seidl

Wien – Einst wurden hier Senf, Kren und Barbecuesaucen produziert. Nun kann man an derselben Stelle, wohlgemerkt auf der Dachterrasse im sechsten Stock, die dazugehörigen Würstel und Spareribs grillen. Denn auf den ehemaligen Mautner-Markhof-Gründen in Wien-Simmering errichtete der gemeinnützige Bauträger Neues Leben eine Wohnhausanlage mit einem Fokus auf interkulturellem Wohnen. Das Projekt ist Resultat eines 2010 ausgeschriebenen Bauträgerwettbewerbs. Im Juli wurden die 106 geförderten Wohnungen schlüsselfertig übergeben.

Freiraum-Qualität

"Für mich ist dieses Projekt der Inbegriff eines gemeinschaftlichen, interkulturellen Wohnens", sagt Johann Gruber, Geschäftsführer von Neues Leben, "mit allem, was dazugehört: großen Balkonen, gemeinsamer Dachterrasse und Grillplätzen mit Blick auf Wien." Die Qualität der Freiräume mit ihren überaus feschen, geschwungenen Lochblechbrüstungen, 80 Zentimeter hohen Pflanzentrögen und bereits vorinstallierten Rankgerüsten für Efeu, Veitschi und Co ist nicht zu übersehen.

"Die Freiräume nehmen eine wichtige Rolle ein, denn hier können sich die unterschiedlichen kulturellen Ausformulierungen des Wohnens manifestieren", sagt Kinayeh Geiswinkler-Aziz von Geiswinkler & Geiswinkler Architekten. "Das hat nichts Trennendes, das hat etwas sichtbar Verbindendes." Die Vielfalt ist Programm und zeigt sich auch in Form der unregelmäßig mal hier, mal dort hinausragenden Balkonbäuchen. Dank der kompakten Bauweise hat die Anlage Passivhausqualität.

Grundriss je nach Bedarf

Auch im Innenraum wurde die Idee des interkulturellen Wohnens weitergetragen. Das gesamte Haus ist in rund 40 Quadratmeter große, eigenständige Module unterteilt, die beliebig kombiniert und unterteilt werden können. Die Grundrissaufteilung ist flexibel. "Je nach Bedarf und kulturellem Background kann ein Modul aus einem großen Wohnzimmer, aus zwei größeren Schlafzimmern oder aus drei oder vier sehr kleinen Kabinetten bestehen", so Geiswinkler-Aziz. "Das Konzept lässt viele Varianten zu."

Ergänzt wird die Anlage, die von der Salzburger wohnbund consult betreut wird, von einer heterogenen Erdgeschoßzone mit Gemeinschaftsräumen, einem kleinen Privatkindergarten und einer temporären Fotogalerie, die vom interkulturellen Verein Ipsum betrieben wird. (woj, DER STANDARD, 22.10.2014)