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Jean-Claude Juncker küsst sich durch sein Team: Federica Mogherini wird als Außenbeauftragte von Johannes Hahn (li.) unterstützt, ...

Foto: AP /Geert Vanden Wijngaert

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... der aus Spanien stammende Energiekommissar Miguel Arias Cañete bekommt vom Präsidenten zum Start einen Extrasegen, ...

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... während die für Wettbewerbspolitik zuständige Liberale Margrethe Vestager aus Dänemark von Juncker kräftig umarmt wird ...

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... und auch Energie-Vizepräsident Maroš Šefčovič des Kommissionschefs Begrüßungsritual auf französische Art nicht entkommt.

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Die Stimmung ist ein bisschen wie am ersten Schultag. Die 27 Protagonisten und ihr Chef sind aufgekratzt, mehr als ihre Begleiter, elegant angezogen, sie strahlen. Jeder begrüßt jeden. Überschwang und Erwartungen sind groß, die Schwierigkeiten der Zukunft noch in der Ferne.

So begann Mittwochvormittag die Arbeit der neuen EU-Kommission, die in Brüssel unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker die erste offizielle Sitzung einer fünf Jahre dauernden Arbeitsperiode absolvierte. Der Luxemburger, der 19 Jahre Regierungserfahrung als Premierminister in sein Amt mitbringt, machte von der ersten Minute an klar, wie er sich die künftige Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitern und die Beziehungen zu den Regierungen der Mitgliedsstaaten vorstellt: Er wünsche sich selbstbewusste Kollegen, die Initiativen setzen.

"Bin zu Selbstkritik nicht fähig"

"Ich bin nicht der Chef von anonymen Beamten. Ich bin der Chef von 28 Kommissaren. Wir sind Politiker, keine Beamten. Jedes Mal, wenn man versucht, die Kommission zu beschädigen, bevor sie begonnen hat zu arbeiten, werde ich reagieren", erklärte er im Anschluss an die Sitzung vor der versammelten Weltpresse. Er zeigte sich locker, witzig, voller Selbstironie, freute sich über positive erste Berichterstattung, hoffte, die Erwartungen zu erfüllen. Er rief dazu auf, ihn "kritisch zu begleiten, denn ich bin zu Selbstkritik nicht fähig". Deutlicher hätte er den Unterschied im Stil zu Vorgänger José Manuel Barroso nicht machen können. Der hatte sich angreifbar gemacht, weil er oft vor den Attacken der Regierungschefs "gegen Brüssel" einknickte.

Der Neue betonte nun, er werde "jede unangemessene Kritik nicht akzeptieren", sondern sofort zurechtrücken. "Ich stehe nicht vor den Premierministern und zittere, ich habe keine Angst", sagte Juncker. Seine Mitarbeiter hörten diese Motivation gerne. Das galt konkret Italiens Regierungschef Matteo Renzi und dem britischen Premier David Cameron, die beide erklärt hatten, sich von Brüssel "nicht vorschreiben lassen" zu wollen, was sie zu tun hätten. Bei den EU-Finanzministern zeichnet sich bereits ein Streit um hohe Beitragsnachzahlungen durch Großbritannien und Italien ab.

Initiativen der Kommission

Juncker wollte das "nicht dramatisieren". Er kündigte erste konkrete Schritte an. Zum einen soll die Taskforce zur Griechenlandhilfe bis Juni 2015 verlängert werden, zum anderen will er im Jänner "ein europäisches Zentrum für strategische Politik" einrichten. Beim EU-Gipfel im Dezember will er, wie im EU-Parlament angekündigt, ein 300 Milliarden schweres Investitionspaket bis 2017 vorlegen.

Der Kommissionspräsident bestätigte auf eine STANDARD-Frage, dass er demnächst in die Ukraine reisen und sich persönlich um die Lösung der Krise kümmern werde. Er habe Präsident Petro Poroschenko versprochen, die erste bilaterale Auslandsreise in die Ukraine zu machen. Die EU-Sanktionen würden bleiben. Aber er sei auch zu Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin bereit. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 6.11.2004)