Ob alle Linzer Engerl in der Adventszeit leuchten, darüber wird derzeit gestritten.
Foto: Stadt Linz

Linz – Es war ein Tag zum Feiern, in Wien und in Linz: der 7. November. Freilich beging der Sozialdemokrat Klaus Luger noch kein so beeindruckendes Jubiläum wie sein Wiener Genosse Michael Häupl. Wurde Letzterer doch just an diesem Novembertag vor 20 Jahren Bürgermeister der Bundeshauptstadt, Luger jedoch erst vor genau einem Jahr Bürgermeister der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Dennoch: 365 Tage im Amt sind Anlass für eine erste Bilanz.

Drei Anläufe hatte es gebraucht, bis der Gemeinderat den schon seit Jahren in der Warteschleife stehenden Luger zum Bürgermeister wählte. Rechtzeitig vor den nächsten Gemeinderatswahlen 2015 übergab Franz Dobusch die Amtsgeschäfte - gleich mehrfach kein leichtes Erbe: Ein Vierteljahrhundert regierte Dobusch in Linz. Entsprechend lang ist der Schatten, aus dem Luger heraustreten muss. Und zum Schluss lenkte Dobusch die Geschicke weniger erfolgreich. Erstmals konnte Linz 2012 seinen ordentlichen Haushalt nicht mehr ausgleichen, und durch eine hochriskante Swap-Zinswette mit der Bawag droht der Stadt eine Rückzahlung von einer halben Milliarde Euro an die Bank.

Und dennoch Luger war an jenem 7. November 2013 die Freude, endlich am Ziel seiner beruflichen Träume angekommen zu sein, anzusehen. Sogleich verkündete er, dass nun ein neuer Führungsstil ins Rathaus einziehen werde. Mit "ausgestreckten Händen" wolle er regieren. Vor allem die verlorengegangene Gesprächskultur mit der ÖVP sollte wiederhergestellt werden. Und tatsächlich hatte es in den ersten Monaten nach Lugers Amtsantritt den Anschein, dass die Fraktionen gemeinsam "zum Wohle der Stadt" - so der parteiübergreifende Tenor - arbeiten wollen.

Kurioses Politgezänk

Jetzt, ein Jahr vor den Gemeinderatswahlen, gewinnt mehr und mehr der Eindruck die Oberhand, dass die Parteien wieder das Trennende statt das Einende in den Vordergrund rücken wollen. Die ÖVP versucht in alter Manier, den Bürgermeister seiner Unfähigkeit zu überführen. Auf ihrer Suche nach Beispielen kommt es zu durchaus kurios Anmutendem.

Wie etwa der Politstreit um die Weihnachtsbeleuchtung: Die Konsequenzen der Kostenreduzierung von 300.000 auf 270.00 Euro malt die schwarze Wirtschaftsstadträtin Susanne Wegscheider in dunklen Farben aus. Der den Linzern liebgewordene Engel auf der Nibelungenbrücke könne aus Spargründen nicht leuchten. Worauf Luger klarstellt, dass der Engel aus Urheberrechtsgründen erstrahlen müsse (das Anbringen der Weihnachtsdeko auf der Nibelungenbrücke sei der Künstlerin vertraglich zugesichert).

Atmosphärisch belastender hingegen wirkt sich das Nein von ÖVP, Grünen und FPÖ zu den von Luger präsentierten Plänen der Magistratsreform aus. Das Herzstück des Sparprogramms konnte Luger nicht wie erwartet im zuständigen Lenkungsausschuss durchbringen. Ein erster herber Rückschlag für Luger, eine Enttäuschung, über die er sich auch öffentlich ärgerte.

Verbissener Ehrgeiz

Mit seinem Ehrgeiz, etwas weiterbringen zu wollen, überfährt Luger durchaus Andersdenkende. Krassestes Beispiel: die Eisenbahnbrücke über die Donau. Die verrostete "alte Dame" ist nicht mehr verkehrssicher. Daher will die SPÖ sie abreißen lassen, auch die Grünen stimmten zu. Aber nicht nur ÖVP und FPÖ sind dagegen, auch viele Linzer wollen sich nicht von ihr trennen. Der Verein "Rettet die Eisenbahnbrücke" sammelte mehr als die notwendigen 800 Unterschriften für eine Volksbefragung, über die der Gemeinderat zu entscheiden hat.

Darauf folgte der dumpfe Gegenschlag des Bürgermeisters. Er präsentierte ein Rechtsgutachten, wonach der Gemeinderat nicht zuständig sei, da sich die Bücke noch im Eigentum der ÖBB befinde. Dass die Stadt Linz jedoch einen internationalen Wettbewerb für einen Brückenneubau ausschrieb und finanzierte, stieß nicht nur bei den Abrissgegnern auf Unverständnis. Eine nachvollziehbare Erklärung blieb Luger schuldig. Ein schiefes Bild, das sich da nach einem Jahr im Amt auf einmal ergibt. (Kerstin Scheller, derStandard.at, 10.11.2014)