Nach der Militäroffensive gegen die Boko Haram sind auch die Friedensverhandlungen in Nordnigeria gescheitert. Das war bereits vor dem blutigen Anschlag vom Montag klar, dieser ist aber eine letzte Bestätigung für die Schwäche der Regierung in einem Konflikt mit bisher mindestens 500 Toten. Die seit Mai 2013 laufende Offensive hat zwar die Gruppierung kaum zurückgedrängt, Menschenrechtsverletzungen der Armee haben dafür die Bevölkerung dem Staat entfremdet. Bei den jüngsten Verhandlungen sprach die Regierung offenbar mit einem Vermittler, der kein Mandat der Boko-Haram-Führung hatte.

Nicht wenige Experten unterstellen deshalb, dass die merkwürdig anmutenden Meldungen über eine Waffenruhe mit der Terrororganisation vor allem innenpolitische Gründe hatten. 2015 stehen Präsidentenwahlen an, Amtsinhaber Goodluck Jonathan hat kürzlich seine Kandidatur fixiert. Das Chaos und die zunehmend geeinte Opposition sind für den christlichen Präsidenten Stolpersteine.

Wahrscheinlich scheint trotzdem eine weitere Amtszeit, womöglich nach einer Stichwahl gegen einen muslimischen Oppositionskandidaten, und ohne dass im Norden gewählt werden könnte. Eine gute Friedensperspektive bietet dies kaum. Denn eine Regierung, die glaubhaft auch die Interessen der wirtschaftlich benachteiligten Muslime im Norden vertritt, wäre eine Mindestanforderung, um der Boko Haram Unterstützung zu entziehen. (Manuel Escher, DER STANDARD, 11.11.2014)