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Blaumeisen sorgen sich um ihre Jungen - aber um sich selbst noch mehr, wenn es hart auf hart geht.

Foto: APA/dpa

Wien - Vögel kümmern sich um ihren Nachwuchs in ähnlich intensiver Weise wie Säugetiere. Das bedeutet auch, die Jungen gegen Angreifer zu verteidigen. Die Bereitschaft, sich in einen Kampf zu stürzen, kennt aber Grenzen, wie Wiener Forscher im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B" berichten. Zumindest für Blaumeisen gilt: Die eigene Sicherheit geht vor.

Die Forscher um Herbert Hoi vom Konrad-Lorenz Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Veterinärmedizinischen Universität Wien hatten ausgestopfte Sperber und Buntspechte sowie Schlangenattrappen in der Nähe von 200 Brutkästen aufgestellt, in denen Blaumeisen-Eltern fünf oder zwölf Tage alte Küken versorgten. Dann hatten sie aus der Ferne beobachtet, wie intensiv die Elternvögel ihre unterschiedlich alten Jungen vor den verschiedenen "Räubern" schützen wollten.

Verschiedene Bedrohungssrugen, unterschiedliches Verhalten

"Sperber sind für die Altvögel ein großes Risiko und gefährden auch die größeren Jungvögel, wenn diese ausfliegen wollen, kommen aber nicht in den Brutkasten zu den ganz kleinen Vögeln hinein", erklärte Hoi. Schlangen können die Eltern nicht gefährden, weil sie zu langsam sind, schnappen sich aber gerne die Jungvögel im Nistkasten, egal wie alt diese sind. Und Spechte holen sich oft kleine Küken, nachdem sie das Bruthöhlenloch aufgeklopft haben, erwischen aber die älteren Jungvögel nicht, weil diese schon davonhüpfen können, so Hoi. "Für die Alten ist ein Buntspecht überhaupt nicht gefährlich", sagte er.

"Wenn die Eltern nur mit Alarmrufen vor den Feinden warnen, ist das für sie selbst kaum riskant", erklärte der Verhaltensforscher. Das taten sie etwa beim Sperber, dem sie sich nicht einmal näherten. Schützen sie ihre Jungen auf diese Art, berücksichtigen sie sowohl deren Gefährdung als auch ihr eigenes Risiko, berichtete er. Wenn die Eltern aber mehr wagen und auf den Nesträuber zufliegen bzw. attackieren, wie etwa bei der Schlangenattrappe, bestimmt nur die eigene Gefährdung, wie weit sie gehen, und nicht wie groß das Risiko für die Jungen ist, fanden die Forscher heraus. "Dann ist den Altvögeln die eigene Haut wichtiger als die der Jungen", sagte Hoi.

"Kaskade von Entscheidungen"

Nur bei weniger riskanten Verteidigungsstrategien spielt das Alter der Jungtiere eine Rolle: So werden zwölf Tage alte Küken häufiger mit Alarmrufen gewarnt als fünf Tage alte. Der Grund liegt in der extremen Abhängigkeit der Jungvögel von ihren Eltern. Offenbar gehen die Eltern selbst das geringere Risiko eines Warnrufes nur dann ein, wenn die Nachkommen im Ernstfall auch ohne sie durchkommen könnten.

Damit habe man zeigen können, dass die Eltern zwar ihre Kinder verteidigen, aber dabei nicht "bis zum bitteren Ende" gehen, erklärte Hoi. Vielmehr unterliegt die Verteidigung der Brut offenbar einer Kaskade von Entscheidungen. Dies sei die erste Studie, die sowohl das Risiko der Jungen als auch das der Eltern bei deren Entscheidung untersucht, wie weit sie bei der Verteidigung gehen, so die Forscher. (APA/red, 18.11.2014)