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Den leeren Tank aufzufüllen, belastet das Börsel derzeit wieder weniger stark

Foto: dapd/Sebastian Willnow

Wien - Des einen Freud, des anderen Leid: Treibstoffe sind günstig wie schon lange nicht. In Österreich erspart sich ein Dieselfahrer bei Preisen von 1,20 Euro je Liter beim Volltanken rund sechs Euro - verglichen mit November 2013. Bei Benzin beträgt die Differenz zu den Zapfsäulenpreisen vor einem Jahr auch etwa zehn Cent je Liter (1,25 statt 1,35 Cent).

Die vergleichsweise niedrigen Spritpreise spiegeln die Situation auf den internationalen Rohölmärkten wider. Der Preis für die in Europa maßgebliche Sorte Brent ist seit Juni um fast 30 Prozent gefallen - von mehr als 100 auf zeitweise weniger als 80 Dollar je Fass (159 Liter). Das ist der tiefste Stand seit Oktober 2010.

Komfortzone

Fatih Birol, Chefökonom der Internationalen Energieagentur (IEA), sprach am Donnerstag von einer "Komfortzone", in der sich die Konsumenten zurzeit befänden. Diese Wohlfühlsituation sei jedoch trügerisch und werde wohl in ein, zwei Jahren kippen. Schon jetzt begännen große Mineralölkonzerne, Investitionen zu kürzen oder zu strecken, weil der Ertrag pro geförderten Liter Rohöl sinkt.

"Ab 2016/17 rechnen wir wieder mit Ölpreisen von plus/minus 100 Dollar je Fass", sagte Birol am Rande der Präsentation des World Energy Outlook der IEA in Wien. Im nächsten Jahrzehnt könnten die Ölpreise noch deutlich höher steigen, wenn die Schieferölproduktion in den USA, wie prognostiziert, 2020 den Scheitelpunkt erreicht und anschließend sinkt.

Ölförderunternehmen kommen ins Strudeln

Noch billiger als die Nordseesorte Brent ist US-Leichtöl. Die Notierungen für West Texas Intermediate (WTI), preisführende Sorte in Nordamerika, lagen am Donnerstag zeitweise bei 76,71 Dollar je Fass, 0,61 Prozent tiefer als am Mittwoch. Bei diesen Preisen kommen manche Ölförderunternehmen schon ins Strudeln.

Wenn man sich vergegenwärtige, wie viel Zeit von der ersten Seismik bis zum ersten Tropfen Öl vergeht, seien Sorgen vor künftigen Engpässen in der Produktion durchaus angebracht, meinte Birol. Noch dazu, wo Regionen wie Nordafrika (Libyen) und der Mittlere Osten (Irak) alles andere als stabil seien. Gerade von dort soll künftig das meiste des zusätzlich benötigten Öls kommen.

OMV-Chef Gerhard Roiss findet den 2010 beschlossenen Schwenk in der Unternehmensstrategie hin zu verstärkter Förderung von Gas und fokussiertem Engagement in der Nordsee auch mit dem Wissen des Jahres 2014 für richtig. Die Förderung in der als teuer geltenden Nordsee sei mit Ölpreisen um die 80 Dollar zwar weniger profitabel als mit 100 Dollar, bringe aber dennoch gutes Geld.

Wie andere Ölkonzerne wird auch die OMV ihre Investitionspläne revidieren. Durch die Preiserosion bei Rohöl fehlten den Top 60 der Branche mit einem Schlag 140 Mrd. Euro an Cashflow - Geld, das überwiegend in neue Förderprojekte geflossen wäre. (Günther Strobl, DER STANDARD, 14.11.2014)