Highlights des jüngsten Italian Sale bei Sotheby's (jeweils v. li.): (o.) Paolo Scheggi ("Intersuperficie bianca", rund 485.900 Euro), Lucio Fontana ("Concetto spaziale, Attese", 2,92 Mio. Euro), Piero Manzoni (" Achrome", 15,87 Mio. Euro); (u.) Agostino Bonalumi ("Bianco", rund 787.600 Euro), Lucio Fontana ("Concetto spaziale, Teatrino", rund 531.000 Euro; "Concetto spaziale, Attese", 2,92 Mio.).

Foto: Sotheby's

Mit seinen Schnitten verlieh Lucio Fontana der Fläche Struktur: "Concetto spaziale, Attese" (1965/66) soll im Dorotheum bis zu 650.000 Euro bringen.

Foto: Dorotheum

Raum ("spaziale") war Lucio Fontanas zentrales Thema, als er in seinem Mailänder Atelier einen Karton mit einem Spitzel bearbeitete und die zweidimensionale Fläche durchbrach. Hindurch kam das Licht und damit die Unendlichkeit, wodurch die "buchi" (Perforierungen) zu plastischen Elementen avancierten. Später begannen diese spiralförmig zu kreisen, sich zu verdichten und zu formieren, teils in Begleitung von Glitter oder Sand als materielle Balance zur "Antimaterie" der Löcher. Dann folgten Schlitze, die berühmten "tagli": Mit einem Teppichmesser schnitt Fontana in die monochrom gehaltenen Leinwände eine oder mehrere konvexe oder konkave Linien, verlieh der Fläche damit Struktur und vor allem Rhythmus.

Ob gelocht oder geschlitzt, international sind seine charakteristischen Kunstwerke heiß begehrt: Im Juli notierte Bonhams (London) für eines der Buchi-Gemälde entgegen der angesetzten Taxe (250.000/350.000) 770.500 Pfund (rd. 981.300 Euro), den höchsten je für eine zwischen 1950 und 1953 entstandene Arbeit erzielten Wert. Bei Sotheby's (London) wechselten im Oktober zwei Tagli-Varianten (1963/64) für je 2,32 Millionen Pfund (2,9 Mio. Euro) in eine europäische und in eine amerikanische Privatsammlung. In den vergangenen 15 Jahren sei der Wert solcher Fontana-Werke laut Sotheby's damit um mehr als 670 Prozent gestiegen.

Kein anderer Künstler ist so eng mit dem Siegeszug der Kategorie Italian Art verknüpft wie Lucio Fontana.1999 hatte in der Londoner Hayward Gallery eine Retrospektive zu seinem OEuvre und zeitgleich ein auf Italiens Moderne und die Nachkriegsgeneration spezialisiertes Kunstfestival stattgefunden. Eine gute, wenn nicht perfekte Gelegenheit, um eine ausschließlich auf zeitgenössische italienische Kunst zugeschnittene Auktion zu veranstalten, zogen Sotheby's-Experten in Erwägung. Als erstes Auktionshaus gab man dem sonst im Contemporary-Art-Angebot "verborgenen" Establishment in London eine Bühne. 5,2 Millionen Pfund spielte das Debüt 1999 ein, im Jahr darauf hielt Kontrahent Christie's den ersten Italian Sale ab und konterte mit 5,4 Mio. Pfund.

Bei beiden Playern stieg der Umsatz der jährlich im Oktober abgehaltenen Versteigerungen seither sukzessive. Den vorläufigen Rekordwert notierte hier Sotheby's, als sich jüngst (17. 10.) 48 Besitzerwechsel auf 41,41 Millionen Pfund (52 Mio. Euro) summierten. Für Enrico Castellani ( Superficie bianca (1967), 3,77 Mio. Pfund / 4,74 Mio. Euro) erzielte man ebenso einen neuen Künstlerweltrekord wie für Piero Manzoni, für dessen Achrome von 1958/59 der griechische Reeder George Economou stattliche 12,62 Millionen Pfund (15,87 Mio. Euro) springen ließ. Noch 1999 brachten vergleichbare Werke des Wegbereiters der Konzeptkunst um die 240.000 Pfund.

Nun, 15 Jahre nach dem ersten Italian Sale, gehören Genannte neben Lucio Fontana, Agostino Bonalumi & Co zum gängigen Angebotsrepertoire. Nicht nur in der umsatzmäßig führenden Metropole London, sondern auch in Wien. Im Zuge der bevorstehenden Zeitgenossen-Auktion im Dorotheum (26.11.) gehört die Italien-Fraktion zu den kräftigsten Zugpferden: mit Arbeiten von Agostino Bonalumi, Enrico Castellani, Paolo Scheggi oder Lucio Fontana in einer taxierten Preisklasse von 45.000 bis 650.000 Euro. (Olga Kronsteiner, Album, DER STANDARD, 15./16.11.2014)