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Der steirische Landeshauptmann Franz Voves und Bundeskanzler Werner Faymann beim Landesparteitag der SPÖ Steiermark.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

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Franz Voves will bei den Landtagswahlen 2015 wieder zum Landeshauptmann gewählt werden.

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Unterpremstätten - Der steirische Landeshauptmann Franz Voves wurde am Parteitag mit 96,29 Prozent zum Vorsitzenden der SPÖ-Steiermark wiedergewählt. 2009, ein Jahr vor der letzten Landtagswahl kam Voves auf 99,5 Prozent. 2012, als die Reformpolitik im Anlaufen war, sank die Zustimmung auf 91, 13 Prozent. Vor der Wahl stimmten Voves und Bundesparteichef Werner Faymann die Genossen mit kämpferischen Reden ein.

Jubel beim "Reformparteitag"

"Es wird ein wunderbarer, großartiger Tag, ich spür das" flötet die junge ehemalige Ö3-Moderatorin ins Mikrofon. Landesparteichef Franz Voves war Sekunden zuvor stürmisch, ja fast jubelnd bei diesem "Reformparteitag" von den 2000 Genossinnen und Genossen in der Schwarzlhalle am Stadtrand begrüßt worden. Standing Ovations für den Lokalmatador Franz, da geriet der nette Applaus für Bundeskanzler Werner Faymann zur höflichen Geste. Nicht mehr. Ein kleiner Seitenhieb der steirischen Genossen für die phasenweise Geringschätzung des heimischen SPÖ-Chefs , der für seine Forderungen nach einer Reichensteuer auch von der Bundespartei als "Kernölsozi" nicht immer ganz ernst genommen wurde.

"Jetzt sind Arbeitnehmer dran"

Faymann bemüht sich redlich um die Gunst der steirischen Genossen und warnt vor den Geistern der Vergangenheit. Faymann wie, später auch Voves, rücken die SPÖ mit emotionalen Gesten ein gutes Stück weiter links, weg von der Mitte. Europa stehe vor einer dramatischen Weichenstellung. Es gehe jetzt darum, von den Reichen einen deutlichen Beitrag für die Gesellschaft einzufordern. Konkret: Von den sechs Milliarden Euro, die er für eine Steuerreform verlange, werde die SPÖ nicht mehr abrücken, diese stünden "nicht zur Disposition", beharrt Faymann in seiner Rede. Sie seien "notwendig zur Entlastung und notwendig für wirtschaftliche Impulse, sie können nicht reduziert werden. Jetzt sind einmal die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dran".

"Unvorstellbarer Reichtum"

Österreich gelte zwar als Land, in dem die Verteilung etwa im sozialen oder schulischen Bereich sehr gerecht sei, "wir müssen aber erkennen, dass wir bei Einnahmen diese Verteilungsgerechtigkeit nicht haben. Das oberste Prozent verfügt über unvorstellbaren Reichtum, da ist es längst fällig, dass die etwas beitragen", schmettert Faymann in den Parteitag. Nun hat er den Nerv des Parteitages getroffen: Heftige und dankbare Akklamationen.

Faymann begründet wortreich, warum gerade jetzt Umverteilung von eminenter Bedeutung sei: "Freiheit, Demokratie und Frieden sind nichts Selbstverständliches. Wir müssen aufmerksam sein." Wozu Massenarbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit führe, habe die Geschichte gezeigt. "Wenn diese politische Lehre aus der Geschichte nicht gezogen wird, den Anfängen nicht gewehrt wird, dann werden viele Menschen in diesem Europa die Begeisterung für die Demokratie verlieren und Hasspredigern und Scharlatanen der Politik nachlaufen", warnt Faymann.

Der Kanzler, wie später auch Voves, wünscht sich wieder einen "starken Staat". Der Neoliberalismus, die Privatisierungen und Auslagerungen von Verantwortungen hätten in die falsche Richtung geführt.

Neues Wirtschaftssystem

Voves geht noch einen Schritt weiter. Er will gar keine Reparaturen am System mehr anbringen, sondern gleich das ganze Wirtschaftssystem in Frage stellen. "Wäre ich heute ein junger Sozialdemokrat, ich würde den Traum einer fairen und sozialen Gesellschaft haben, ich würde das heutige Gesellschaftssystem hinterfragen. Wir brauchen eine neue Wirtschaftsordnung. Die Finanzkrise, die Verteilungs-, Klima-, Hunger-, Konsum- oder Demokratiekrise, das alles hängt doch zusammen.

Viele sind der Meinung, dass wir mit diesem System an die Wand fahren", diagnostiziert Voves unter Beifall seiner Genossen. Und er ruft den Jungen in seiner Partei zu: "Es gibt in Demokratie immer eine Alternative. Die Wirtschaft muss dem Gemeinwohl dienen, der Weg vom Gewinnstreben hin zu Gemeinwohlstreben gelenkt werden.

Die SPÖ will sich öffnen

Einen Gutteil des Parteitages war auch für die anstehende Parteireform reserviert. Sie wurde organisatorisch auch durch die Zusammenlegung der Gemeinden und Bezirke notwendig. Voves will die Strukturen radikal ändern. Auch Nicht-Parteimitglieder sollen in Zukunft die Möglichkeit erhalten, für die SPÖ zu kandidieren. Das entsprechende neue Statut wird einstimmig vom Parteitag gebilligt. Voves : "Auf den Punkt gebracht: Die SPÖ muss sich öffnen und eine offene Bewegungen werden, ohne die Grundwerte zu verlassen. Das heißt: Auch Nicht- Mitglieder müssen die Chance erhalten, ein politisches Mandat zu bekommen.

Klare Position beim "Ausländerthema"

Noch ein Kapitel Gesellschaftspolitik will Voves loswerden: Integration und Asyl. Voves: "Wir brauchen eine klare Position zum Ausländerthema. Österreich braucht Zuwanderung und wir brauchen uns davor nicht zu fürchten. Und wenn es viele nicht glauben, es ist ein Faktum: Migranten zahlen mehr ein, als sie bekommen. Und es ist selbstverständlich, dass wir Flüchtlingen helfen. Die bei diesem Thema mit den Wölfen heulen sind keine Sozialdemokraten."

Integration bedeute aber auch, dass "jeder der hier lebt, sich an unsere Rechtsordnung halten muss". Der steirische SP-Chef: "Für Extremismus ist kein Platz, insbesondere jener, der sich hinter einem religiösen Deckmantel versteckt. Wir wollen keinen Gottesstaat und keine nationalistischen Strömungen wie in Ungarn. Religion ist Privatsache und darf nicht über unserem demokratischen Wertesystem stehen." (Walter Müller, derStandard.at, 15.11.2014)