Wien - Am Mittwoch tagt die Expertengruppe zum Weisungsrecht voraussichtlich zum letzten Mal. Ihr Vorschlag wird auf Beibehaltung des Weisungsrechts des Ministers lauten, aber mit einem gesetzlich verankerten Weisungsbeirat an seiner Seite. Die Justizsprecher von SPÖ und Grünen halten davon nichts, sie wollen einen dem Parlament verantwortlichen Bundesstaatsanwalt an der Weisungsspitze.

Einem solchen könnten auch die Neos etwas abgewinnen - während FPÖ und Team Stronach dafür sind, das Weisungsrecht beim Minister zu belassen und einen (beratenden) Beirat für sinnvoll halten. Die ÖVP zeigt sich vorerst zurückhaltend.

Expertengruppe einig

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hat bei Amtsantritt - angesichts der Diskussion über seine frühere Funktion als Strafverteidiger in der Causa Alijev und großen Wirtschaftsverfahren - angekündigt, das "Weisungsrecht in seiner jetzigen Form" nicht beibehalten zu wollen. Staatsanwälte müssen in clamorosen Fällen über Ermittlungs- und wichtige Verfahrensschritte (vor allem Einstellung oder Anklage) Bericht erstatten - bis hinauf zum Justizminister, der den Vorhabensbericht genehmigen oder ablehnen kann.

Als Übergangslösung setzte Brandstetter einen Weisenrat und für die Suche nach einer langfristigen Lösung eine hochkarätige Expertengruppe ein, bestehend aus den Präsidenten bzw. Vizepräsidenten der Höchstgerichte und Standesvertretungen, den Leitern der Oberstaatsanwaltschaften, dem Weisenrat, unter organisatorischer Leitung von Sektionschef Christian Pilnacek.

Diese Expertengruppe ist weitgehend einig, dass die politische Weisungsspitze beibehalten werden soll. Aber sie will dem Minister einen gesetzlich verankerten, unabhängigen Weisungsbeirat für die fachliche Kontrolle an die Seite stellen. Einige Fragen (personelle Besetzung, aber auch ob die Empfehlungen veröffentlicht werden sollten) sind noch offen und sollen kommenden Mittwoch geklärt werden.

Echte Reform oder Mogelpackung?

Den Justizsprechern von SPÖ und Grünen missfällt die sich abzeichnende Variante. "Zu wünschen bleibt, dass Brandstetter Brandstetter eine Chance gibt", erinnerte Hannes Jarolim (SPÖ) an die Ankündigung des Justizministers bei Amtsantritt. Objektivierung würde bedeuten, das Weisungsrecht einem Bundesstaatsanwalt zu übertragen, der dem Parlament gegenüber verantwortlich ist - und nicht einem Gremium aus dem Minister hierarchisch unterstellten Personen, die mit Blick auf ihrer Karriere (über die der Minister entscheidet) im Zweifelsfall wohl so entscheiden würden, wie sie glauben, dass es der Minister gerne hätte.

Jetzt werde sich zeigen, ob es "zu einer echten Reform kommt oder zu einer Mogelpackung, die das Weisungsrecht des Justizministers mit einem Weisenrat behübscht", meint der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Er pocht auf ein Modell, "das Entscheidungen über Einstellungen, Anklagen und Weisungen aus der Tagespolitik herausnimmt". Das wäre nur möglich, "wenn nicht mehr durch die Verantwortung des Justizministers jedenfalls zumindest der Anschein besteht, es würde darüber 'parteipolitisch' entschieden". Deshalb fordern die Grünen einen Bundesstaatsanwalt, der vom Nationalrat nach Vorschlag durch einen (erst zu bildenden) Rat der Gerichtsbarkeit gewählt wird, mit parlamentarischer Kontrolle durch Anfragen bzw. Auskunftspflichten über abgeschlossene Verfahren.

Neos: Weisungsbeirat "mehr Kosmetik"

Einen Generalstaatsanwalt könnte sich auch Neos-Justizsprecherin Beate Meinl-Reisinger vorstellen, aber eine politische Verantwortung müsste sichergestellt werden. Bei einem Weisungsbeirat wäre schon die Frage, ob es sich da nicht "vielleicht mehr um Kosmetik handelt, um den Minister aus der Schusslinie zu nehmen". Wobei die Weisungsspitze gar nicht so sehr das große Problem ist für Meinl-Reisinger. Wichtig wäre es aus ihrer Sicht, die Berichtspflichten - nach dem Beispiel der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft - einzudämmen.

ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker zeigte sich vor dem Vorliegen der Experten-Vorschläge zurückhaltend. Schon jetzt könne man aber sagen, dass sich die Einrichtung des - nicht weisungsgebundenen - Weisenrates bewährt habe, meinte sie in einer Stellungnahme. Es gebe keine Weisung mehr, mit der der Weisenrat nicht befasst gewesen sei.

Team Stronach: Transparenz wichtig

Für einen Verbleib des Weisungsrechts beim Justizministers spricht sich die FPÖ aus. Dieser sei dafür politisch verantwortlich und auch dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig, so Justizsprecher Harald Stefan. Gegen einen Beirat mit lediglich beratender Funktion haben die Freiheitlichen nichts. Eine eigene Institution, die das Weisungsrecht anstelle des Ministers ausübt, wollen sie dagegen keinesfalls. "Das wäre eine letztlich unkontrollierbare und in Wahrheit noch mehr parteipolitisch besetzte Institution, die sich verselbstständigen kann", so Stefan.

Auch Georg Vetter, Justizsprecher des Teams Stronach, hegt Sympathien für einen Weisenrat bzw. einen Weisungsbeirat. Wichtig sei größtmögliche Transparenz, am Minister an der Weisungsspitze will er nicht rütteln, denn "es muss letztlich schon eine politische Verantwortung geben" - und die nun ins Auge gefasste Lösung käme vermutlich ohne Verfassungsänderung aus. Justizminister Brandstetter zollte er Lob für dessen Bemühungen um eine Änderung beim Weisungsrecht. "Es hat nie einer es so weit gebracht, wie er jetzt", sagte Vetter . (APA, 16.11.2014)