Wien - Die Regierung hat am Dienstag die Reform des Pflegegeldes beschlossen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) verteidigte am Rande des Ministerrats die geplante Einschränkung der unteren beiden Pflegestufen als "vertretbar" und verwies darauf, dass ja gleichzeitig auch die Anhebung des Pflegegeldes ab 2016 beschlossen wurde.

Die Reform bringt - Beschluss im Parlament vorausgesetzt - im ersten Schritt einen erschwerten Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2. Stufe 1 wird künftig erst ab mehr als 65 Stunden Betreuungsbedarf pro Monat gewährt (bisher 60), Stufe 2 ab 95 Stunden (bisher 85).

Damit soll die Zahl der Neuzugänge im kommenden Jahr um 6.000 auf 65.000 Personen reduziert werden. Die somit erzielten Einsparungen (19 Millionen Euro 2015 und 57 Millionen Euro 2016) finanzieren in einem zweiten Schritt die Anhebung des Pflegegeldes 2016.

Anhebung kostet 50 Millionen

Diese Anhebung - es ist die erste seit 2009 - wird nach Einschätzung der Regierung 49,7 Millionen Euro kosten. Damit ist die Anhebung mit den Kürzungen mehr als ausfinanziert, wobei das Sozialministerium auf die insgesamt steigenden Kosten für den Pflegesektor (Stichwort: 24-Stunden-Betreuung) hinweist.

Apropos: Der Vertrag zwischen dem Bund und den Ländern ("15a-Vereinbarung") über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung wird gemeinsam mit dem Finanzausgleich bis Ende 2016 verlängert. Ebenfalls verlängert wird die Vereinbarung über die Betreuung von Häftlingen in den öffentlichen Krankenanstalten.

Wertverlust durch Inflation

Das Pflegegeld wurde 1993 eingeführt, seither aber nur vier Mal angehoben (1994, 1995, 2005 und 2009) und hat daher inflationsbedingt massiv an Wert verloren. Auch die zweiprozentige Anhebung 2016 wird daran wenig ändern, denn um das Pflegegeld auf die ursprüngliche Kaufkraft von vor 20 Jahren anzuheben, müsste das Plus rund 30 Prozent ausmachen. Dafür wären - wie das Hilfswerk zuletzt vorrechnete - rund 860 Millionen Euro nötig.

Das Pflegegeld ist nach Schwere der Beeinträchtigung gestaffelt. In die Stufen 1 und 2 fallen laut Hilfsorganisationen u.a. Menschen mit Lernschwächen und beginnender Altersdemenz, Stufe 6 wird gewährt, wenn ständige Tag- und Nachbetreuung (ab 180 Stunden pro Monat) nötig ist und Stufe 7 gibt es für Personen, die sich nicht selbst bewegen können oder die ständig auf lebenserhaltende Geräte angewiesen sind.

Kritik von der Opposition

FPÖ und Grüne kritisierten den Beschluss. FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl forderte am Dienstag in einer Aussendung stattdessen eine laufende Valorisierung des Pflegegeldes sowie der Freibeträge für Behinderte, einen Mindestlohn von 1.600 und eine Mindestpension von 1.200 Euro. Diese "Gerechtigkeitsoffensive" will die FPÖ im Nationalrat beantragen.

Alle paar Jahre den Zugang zum Pflegegeld zu erschweren, um Geld einzusparen, garantiert keine nachhaltige Sicherung der Pflege-Finanzierung, sondern verschlechtert lediglich die Situation von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen", kritisiert die grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner: "Es ärgert mich, mit welcher Selbstverständlichkeit angenommen wird, dass Angehörige diese Lücke abfangen. (APA, 18.11.2014)