Heimisch ist die Spezies Allobates femoralis in Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Französisch-Guyana, Guyana, Peru, und Suriname.

Foto: 2006 Alessandro Catenazzi

Wien - Über den Orientierungssinn von Amphibien ist nicht viel bekannt. Das liege auch daran, dass viele Forscher gar nicht erwarten würden, dass es über diese Tiere viel Interessantes herauszufinden gebe, sagt Max Ringler vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien.

Nicht so Ringler und seine Wiener Kollegen um Andrius Pasukonis: Sie wollten im Zuge eines Feldexperiments an Pfeilgiftfröschen der Spezies Allobates femoralis herausfinden, ob sich die Tiere an unmittelbaren Umgebungsreizen oder übergeordneten Hinweisen, wie dem Magnetfeld oder dem Stand der Gestirne, orientieren können.

Dazu banden sie männlichen Fröschen im Regenwald von Französisch Guyana kleine Reflektoren für Radiowellen um, mit deren Hilfe sie deren Bewegungen nachvollziehen konnten. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachblatt "Biology Letters".

Nachwuchs im Regenwald verteilen

Im Gegensatz zu ihren Verwandten in der nördlichen Hemisphäre können sich die Tiere in den Tropen über das ganze Jahr fortpflanzen. Pfeilgiftfrösche legen ihre Eier an Land, dort entwickelt sich der Nachwuchs über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen. Erst dann ist es die Aufgabe der nur etwa zwei Zentimeter kleinen und zwei Gramm leichten Männchen, die Kaulquappen ins Wasser zu bringen.

"Sie laufen dann teilweise ein paar hundert Meter durch den Wald und tragen die Kaulquappen zu kleinsten Tümpeln", erklärt Ringler. Würden sie ihren gesamten Nachwuchs zur gleichen kleinen Wasserstelle bringen, wäre das aber nachteilig für deren Überlebenschancen. Um die Kaulquappen in mehreren Etappen auf unterschiedliche Tümpel aufteilen zu können, müssen sich die Frösche also irgendwie im Wald orientieren.

Orientierungsexperiment

Um hinter den Orientierungsmechanismus zu kommen, setzten die Forscher zwei Frosch-Gruppen einer Population bis zu dreihundert Meter entfernt von ihrem Territorium aus. Eine Gruppe wurde am Festland knapp außerhalb ihres Territoriums ausgesetzt, die andere in gleicher Entfernung auf einer kleinen Insel inmitten eines nahen Flusses.

Die Festland-Frösche kehrten innerhalb weniger Tage und auf sehr direktem Weg zurück. Die Tiere auf der Insel konnten sich hingegen überhaupt nicht orientieren und seien völlig planlos auf der Insel herumgelaufen, so Ringler.

Notwendige kognitive Fähigkeit

Das lege den Schluss nahe, dass sich die Frösche nicht an Magnetfeldern oder dem Stand der Sonne bzw. der Sterne orientieren, sondern eben sehr genau über die Umgebung ihres Territoriums Bescheid wissen, so die Forscher. "Anscheinend kennen sie ihre Umgebung im Umkreis von dreihundert Metern in- und auswendig", sagt Ringler.

Viele Verhaltensbiologen hätten Fröschen eine solche kognitive Leistung eher nicht zugetraut, ist der Forscher überzeugt. Umso interessanter sei der Befund auch deshalb, als es sich hierbei nicht nur um eine abstrakte Fähigkeit der Frösche handelt, sondern die Notwendigkeit des Kaulquappentransports die direkte Ursache für die Entwicklung dieser erstaunlichen Fähigkeit sein dürfte. (APA/red, derStandard.at, 23.11.2014)