BMW präsentiert die zweite Generation des Coupé-SUV X6 im Schnee. Er ist leichter, bietet mehr Platz für Gepäck und ist sparsamer. Eigentlich geht es BMW aber darum, zu zeigen, dass der X6 keine blade Heckschleuder ist.

Sölden - Er ist wie ein guter Kumpel, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt, immer ehrlich ist und lieber einen Freund verliert als einen noch so bösen Scherz auslässt: der Einlenkpunkt.

Dort, wo man die Vorderräder das erste Mal in der Kurve dreht, ist alles klar: zu schnell, zu langsam, zu weit außen, zu weit innen. An diesem Punkt rächt sich jeder Fahrfehler. Und beim X6 heißt es hier nicht selten: "Du hast anscheinend vergessen, dass du mit weit mehr als zwei Tonnen ums Eck stichst. Also runter vom Gas!"

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Ein Leichtgewicht ist der BMW X6 auch in seiner zweiten Generation nicht geworden. Bei dem Hüftspeck redet BMW natürlich nicht gerne vom Gewicht. Erstaunlich ist dennoch, wie agil sich der X6 fahren lässt, dieser - hoppla, jetzt hätten wir fast SUV gesagt, obwohl ihn BMW lieber SAV (von "Sports Activity") nennt.

Der Name macht das Kraut jetzt auch nicht mehr fett. Der X6 hat seit seiner Markteinführung 2008 polarisiert - und das wird er auch weiterhin machen. Entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn.

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Dazwischen bleibt nicht viel. Zumindest ist uns niemand bekannt, der je gemeint hätte: "Er gefällt mir schon, ich wünsche mir nur einen mit sparsamerem Motor - Erdgas vielleicht." Eher das Gegenteil ist der Fall, und die echten Fans freuen sich schon auf den im Frühjahr kommenden X6 M mit dem 575 PS starken Acht-Zylinder-Turbo-Motor.

Wir indes fahren im Schnee in Sölden schon einmal den Selbstzünder M, den X6 M50d mit 381 PS, Probe. Na ja, fahren. Viel mehr spielen wir mit der Physik.

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Seit inzwischen 30 Jahren arbeitet BMW am Allradantrieb. "Heute haben wir einen Allradanteil von 61,4 Prozent bei BMW-Neuwagen", sagt Pressesprecher Michael Ebner. 22 Modellreihen verfügen inzwischen über den Allradantrieb xDrive. Darunter ist natürlich auch der X6.

Das Schöne am Allradsystem von BMW ist, dass ihm ein Hinterradantrieb zugrunde liegt - währen etwa Audi und VW primär die Vorderräder und erst in zweiter Linie die Hinterräder mit antreiben. Dadurch fährt sich der BMW sehr sportlich, hat aber das Potenzial zur Heckschleuder - das er aber nicht ausleben darf. Selbst wenn alle Assistenzsysteme ausgeschaltet sind, schiebt der X6 auf Schnee und Eis bei zu starkem Einlenken über die Vorderachse, statt mit dem Heck auszubrechen. Und es haben einige Techniker viele Stunden lang gearbeitet, damit das auch wirklich jederzeit so ist. Denn ein Autounfall mit ausbrechendem Heck ist viel folgenschwerer als ein Frontalcrash.

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Oder wie der bayrische Instruktor des BMW-Winter-Technik-Trainings sagt: "Beim Frontalaufprall gegen eine Kiefer können wir die gesamte Knautschzone des Wagens nutzen." Würde das Auto aber irgendwo quer einschlagen, "kannst du im Auto Weißwürscht aufblasen, soviel du magst ..."

Die Airbags lassen wir unaufgeblasen und die Kiefern in Ruhe. Trotzdem wollen wir schauen, ob wir den X6 nicht doch quer bekommen. Es geht. Allerdings nur mit Powerslides. Das heißt mit ausreichend Gas und der richtigen Technik - also wenn der Wagen klar erkennt, dass man ihn driften will und dass man das auch kann, dann geht der X6 herrlich und kontrollierbar quer.

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Die Übung im Schnee schärft die Sinne, zeigt aber nebenbei, dass der X6 mehr kann, als nur zu polarisieren. Er wankt dank elektronischer Helfer in der Kurve nicht, schaltet, je nach Modus, schnell oder früh. Im neuen Design schaut er weniger böse, dafür sportlicher aus - obwohl er doch eigentlich komfortabel ist. Der Innenraum spielt mit viel Leder und Glanzlack in der Edel-SUV-Liga. Sogar mehr Gepäckvolumen gibt es jetzt. 75 Liter. Den X6-Kunden wird das aber nicht so wichtig sein. Die raunzen auch nicht wegen der hohen Ladekante. Oder wegen des Spritverbrauchs. Denn unter uns: Obwohl alle Motoren sparsamer wurden, mit sechs Litern fährt man den neuen 30d nicht. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 21.11.2014)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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