Für Erwin Rasinger, ÖVP-Gesundheitssprecher und Arzt, ist Hausarzt "der schönste Beruf der Welt". Viele Medizinabsolventen sehen das jedoch anders und gehen nach dem Studium ins Ausland. Rasinger will nun den Beruf wieder attraktiver machen, weil die Menschen am liebsten zum Hausarzt gingen. Mit den von der Regierung geplanten Primärversorgungszentren kann er wenig anfangen, stattdessen will er den Berufsstand stärken.

Idealerweise solle es in jeder der 2.300 österreichischen Gemeinden einen Hausarzt geben, sagte Rasinger am Freitag vor Journalisten. Sie seien schließlich das "Rückgrat der Gesundheitsversorgung". Zudem sei das auch "finanziell locker drin", sagte er in Richtung der Sozialversicherungen.

Damit Jungärzte nach dem Studium nicht ins Ausland gehen – die Ärztekammer geht hier von 40 Prozent aller Medizinabsolventen aus –, will Rasinger den Beruf attraktiver machen. Er fordert eine bessere Bezahlung der Hausärzte und appelliert vor allem an die Krankenkassen, mehr Verträge zu vergeben und auch zu ermöglichen, dass zwei Ärzte oder Ärztinnen sich einen Vertrag teilen. Auch der Erhalt der Hausapotheken sei für die Versorgung wichtig.

Behandlung beim Hausarzt günstiger

Für die Bevölkerung sei die Nähe der Hausärzte ein entscheidender Vorteil, ist der ÖVP-Gesundheitssprecher überzeugt. Nicht alles könne in Zentren, wie sie von der Regierung geplant sind, behandelt werden. Laut Rasinger sind 80 Prozent aller Leiden vom Hausarzt behandelbar, und das koste deutlich weniger als eine Behandlung in einer Spitalsambulanz.

Auch die Ausbildung der Allgemeinmediziner müsse verbessert werden – hier verweist Rasinger auf die Lehrpraxis, die zwar im neuen Ärzteausbildungsgesetz schon beschlossen, aber noch nicht finanziert sei. Die Verhandlungen mit Bund, Ländern und Hauptverband liefen allerdings gut.

Kritik an ÖVP-Vorstoß

Für wenig Begeisterung bei den anderen Parlamentsfraktionen hat am Freitag der ÖVP-Vorstoß zur Stärkung der Hausärzte gesorgt. Inhaltliche Übereinstimmung gab es nur von der FPÖ. Diese hielt der Volkspartei allerdings vor, den derzeitigen "Murks" selbst mitgetragen zu haben.

SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger meinte in einer Aussendung, sich nur auf den Erhalt des Hausarztes zu versteifen, zeige, dass die ÖVP die Zeichen der Zeit nicht erkannt habe. "Wir wollen ein professionelles Team rund um die Patientinnen und Patienten aufbauen, in dem natürlich auch der Hausarzt eine Rolle spielt - aber nicht als universelles 'Allheilmittel'."

Grüne: ÖVP "heuchlerisch"

Für die Grünen betonte Eva Mückstein, dass in der Primärversorgung eine Zusammenarbeit mehrerer Gesundheitsberufe auf Augenhöhe wichtig sei. "Als Voraussetzung für die Kooperation müssen auch die anderen Gesundheitsberufe einen Kassenvertrag bekommen." Das Vorgehen von ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger bezeichnete sie als heuchlerisch, schließlich sei die ÖVP als Regierungsfraktion mitverantwortlich für den Hausärztemangel.

Kritik übten auch die Neos. Die ÖVP nehme die Gesundheitsreform mit den geplanten multidisziplinären Strukturen in der Primärversorgung nicht ernst. "Sie versucht erneut, einen Keil zwischen die Gesundheitsberufe zu treiben und blendet dabei jegliche wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten 50 Jahre aus", so Gesundheitssprecher Gerald Loacker.

FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein gab Rasinger dagegen inhaltlich recht, denn der Hausarzt sei wichtig und bilde das Rückgrat der medizinischen Versorgung. Es seien allerdings ÖVP und SPÖ, die "eifrig daran arbeiten, dieses Rückgrat zu brechen", meinte sie. Rasingers Besorgnis um die Hausärzte falle daher eher in die "Haltet den Dieb"-Kategorie.(mte/APA, derStandard.at, 21.11.2014)