Wien – Das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwälten bleibt - darauf hat sich eine Expertengruppe und in weiterer Folge Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) festgelegt. Dafür soll ein Weisenrat gesetzlich verankert werden. Die Pläne stießen am Freitag auf eine grundsätzlich positive Reaktion des Koalitionspartners, Standesvertreter zeigten sich allerdings nicht glücklich.

Brandstetter hatte Donnerstagabend angekündigt, die Vorschläge der Expertengruppe voll umsetzen zu wollen. Er sieht keine brauchbare Alternative zur bestehenden Weisungsspitze. Ab 2016 will er einen unabhängigen Weisenrat als zusätzliches Kontrollorgan in Fällen beiziehen, an denen öffentliches Interesse besteht. Damit sei "größtmögliche Transparenz und Unabhängigkeit garantiert", sagte Brandstetter. Die Berichtspflicht der Staatsanwälte soll - angelehnt an die Regeln bei der Wirtschafts- und Korruptions-StA - im Wesentlichen auf die Enderledigung (also Einstellung oder Anklage) und auf "besonders öffentlich wirksame Fälle" reduziert werden.

Letzteres wird von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ausdrücklich begrüßt: Damit sei keine Einflussnahme im laufenden Verfahren mehr möglich. Der Minister ziehe sich in der Weisungsmöglichkeit zurück, "insofern ist es schon eine positive Entwicklung". Insgesamt ortete er gegenüber der APA einen Fortschritt gegenüber der jetzigen Situation, verhehlte aber nicht, dass die Pläne "nicht dem entsprechen, was ich mir eigentlich vorgestellt habe, nämlich einen Bundesstaatsanwalt". Verhandlungsbedarf besteht für Jarolim vor allem bei der Zusammensetzung des Weisenrates (Generalprokurator und zwei "externe" Juristen), da die Generalprokuratur dem Minister unterstellt sei.

Unterschiedliche Meinungen in der Opposition

Unterschiedliche Meinungen gibt es in der Opposition: Während sich FPÖ und Team Stronach zufrieden zeigten, übten NEOS und Grüne Kritik. Der Weisenrat sei nur scheinbar unabhängig, denn praktisch werde er auf Basis von aufbereiteten Informationen und Stellungnahmen der Weisungsabteilung entscheiden, die dem Minister unterstellt ist, merkte der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser unter anderem an.

Nicht gerade glücklich sind außerdem die Standesvertreter. Richter und Staatsanwälte - die auch in der Expertengruppe vertreten waren - drängen seit langem darauf, das Weisungsrecht vom Justizminister an einen Bundesstaatsanwalt zu übertragen. Justiz-Gewerkschafter Christian Haider sieht eine Verbesserung, aber "leider keinen großen Wurf". Haider freut vor allem die Einschränkung der Berichtspflichten der Staatsanwälte.

Richter-Präsident Werner Zinkl zeigte sich "traurig", dass nun nur eine "halbherzige Lösung" herauskam. Ganz unzufrieden ist Zinkl mit der Besetzung Generalprokurator und zwei "Betriebsfremde". Besser wäre es aus seiner Sicht noch gewesen, alle drei Mitglieder aus der Generalprokuratur zu rekrutieren. Generalprokurator Werner Pleischl sah im Weisenrat eine wesentliche Verbesserung. Besonders bedeutend sei, dass in den clamorosen Fällen, die die Öffentlichkeit wesentlich beschäftigen, auch sofort erklärt wird, warum eine bestimmte Entscheidung ergeht, betonte Pleischl.

Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff ist richtig "froh", dass kein Bundesstaatsanwalt kommt und kann mit dem Weisenrat "gut leben". Wobei Wolff eigentlich - auch in der Expertengruppe - für ein gänzlich vom Justizministerium getrenntes Gremium aus drei "Externen" war. Er hält es für richtig, dass im Vorschlag der Expertengruppe vorgesehen ist, die Empfehlungen des Weisenrates nicht zu veröffentlichen - aus Gründen der Unschuldsvermutung und Persönlichkeitsrechte. Transparency International forderte dagegen, "dass die Entscheidungen des Weisenrats transparent und damit auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar gemacht werden".

Den Begutachtungsentwurf zu Brandstetters Plänen soll es im Frühjahr 2015 geben, als Datum für das Inkrafttreten wird der 1. Jänner 2016 angestrebt. (APA, 21.11.2014)