Einen Banker, der nicht richtig rechnen kann, wünscht man sich in etwa ebenso sehr wie einen Chirurgen mit einem nervösen Tick. So gesehen hat die Royal Bank of Scotland (RBS) ein großes Problem am Hals: Das britische Kreditinstitut hat sich beim europaweiten Bankenstresstest verkalkuliert. Nicht nur ein bisschen, sondern gleich um 4,2 Milliarden Euro. Der Fehler kam offenbar zustande, weil die Bank eine Steuergutschrift aus der Vergangenheit in der Bilanz falsch bewertet hatte.

Der Fehler ist aber nicht nur für die RBS peinlich. Er wirft auch ein schiefes Licht auf die europäischen Bankenaufseher. Der Stresstest wurde der Bevölkerung von den Aufsehern schließlich als strengste Prüfung der Banken angepriesen, die es in Europa je gegeben hat. Mehr als 6000 Experten würden die Bilanzen der Kreditinstitute auf "Herz und Nieren" kontrollieren. Die zentrale Idee hinter der Übung: Bürger und Investoren sollen Europas Bankenwelt wieder ohne Bedenken vertrauen können.

Doch das fällt schwer. Es leuchtet ein, dass bei einem Megaprojekt wie dem Stresstest Fehler passieren können. Aber ein Vier-Milliarden-Irrtum? Hinzu kommt, dass die Aufpasser, also die Europäische Zentralbank und die EU-Bankenbehörde EBA, auch schon andere Ergebnisse korrigieren mussten. Die Aufseher sollten nun rasch erklären, wie ihnen der RBS-Fauxpas durchrutschen konnte. Sonst kämpfen sie bald selbst gegen einen Vertrauensverlust an. (András Szigetvari, DER STANDARD, 24.11.2014)