Die Gender-Gap-Krise beginnt schon an Unis.

Foto: Screenshot/CODE
Finish Line Features, LLC

Wer in Archiven einen Blick auf den Anteil an Informatikstudentinnen wirft, könnte erstaunt sein: Noch Mitte der 1980er-Jahre gab es unter Informatikstudenten 37 Prozent Frauen, in den Jahrzehnten zuvor wuchs die Anzahl an IT-Technikerinnen schneller als die ihrer männlichen Kollegen. Doch irgendwann in den 1990ern begann die Trendwende, heute sind rund 14 Prozent aller Informatikstudierenden weiblich.

Firmen machen Universitäten verantwortlich

Eine Entwicklung, die viele Institutionen sorgt. Große Techkonzerne wie Facebook und Google beklagen in ihren Diversity-Reports, zu wenige Frauen in den eigenen Reihen zu haben. Sie machen dafür aber auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich, wo es viel zu wenige qualifizerte IT-Spezialistinnen geben soll. Die großen Konzerne sind dabei gar nicht im Unrecht, wie die Filmemacherin Robin Hauser Reynolds herausgefunden hat. Tatsächlich beginnt die Krise an den Universitäten, wo in Seminaren mit 30 Teilnehmern oft nur ein oder zwei Studentinnen zu finden sind.

"Ihr gehört nicht dazu"

Das schaffe eine "abweisende Umgebung", sagte Reynolds zu "Wired": Minderheiten fühlten sich nicht wohl, wenn sie ganz alleine seien. "Frauen und ethnische Minderheiten bekommen die Botschaft, dass sie vielleicht nicht hier sein sollten, dass sie nicht dazupassen", erklärt Reynolds. Das liege nicht immer am Verhalten der anderen Teilnehmer, das aber zu einer Abkehr beitragen kann.

Finish Line Features, LLC

Gleiche Voraussetzungen

Dabei bewies die Neurowissenschaft wiederholt, dass Männer und Frauen biologisch exakt dieselben Voraussetzungen für mathematische und in weiterer Folge auch für Codierfähigkeiten aufweisen. Zwar schwanken die Werte natürlich bei verschiedenen Personen, im Durchschnitt gebe es aber keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Das Problem liegt für Reynolds also an den gesellschaftlichen Gegebenheiten. Konventionen halten Mädchen nach wie vor von der IT fern.

Gesellschaftlicher Nutzen

Das kann zu einem großen Problem werden, so Reynolds. Denn Produkte aus der IT würden ja nicht nur von "weißen Männern" genutzt, sondern von Personen aus jeder Gesellschaftsschicht. Für eine großartige Anwendung müssen daher verschiedene Perspektiven einbezogen werden – ältere Menschen, Frauen, unterschiedliche Nationalitäten. "Wie viele Snapchats brauchen wir noch?", fragte die Filmemacherin, deren Doku "Code. Debugging the Gender Gap" 2015 in den US-Kinos anläuft. "Was wir brauchen, sind technische Lösungen, die unsere Gesellschaft als Ganzes weiterbringen." (fsc, derStandard.at, 28.11.2014)