Genf – Eine gute Nachricht für die Weltwirtschaft: Der Pakt der Welthandelsorganisation (WTO) zur Vereinfachung und Beschleunigung des internationalen Warenaustausches ist doch noch zustande gekommen. Die 160 Mitglieder der WTO winkten das Abkommen am Donnerstag in Genf durch – nach monatelangem Hickhack vor allem mit Indien. Die Globalisierung soll damit einen kräftigen Schub erhalten, und es könnten viele neue Arbeitsplätze entstehen, verspricht die WTO. "Der Nutzen für die Weltwirtschaft wird auf 400 Milliarden bis eine Billion US-Dollar kalkuliert", erklärte die Organisation.

Vor allem große Exportnationen wie China und Deutschland, aber auch arme Länder werden Nutznießer sein. Wartezeiten bei der Zollabfertigung für Importeure und Exporteure sollen damit passé sein. Allerdings dürfte es Jahre dauern, bis alle 160 Mitglieder das Abkommen ratifiziert und umgesetzt haben werden. Neben dem zentralen Abkommen zur Vereinfachung und Beschleunigung des Handels (TFA) einigten sich die WTO-Mitglieder auf weitere Punkte. Damit ist das sogenannte Bali-Paket angenommen. Es ist das erste multilaterale Abkommen, das die Mitglieder seit der WTO-Gründung 1995 abgeschlossen haben.

Erfolg für WTO-Führung

WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo zeigte sich erleichtert. Mehr als ein Jahr im Amt, kann der Brasilianer einen Erfolg vorweisen, der seinen Vorgängern nicht vergönnt war. Der neue Pakt könnte auch die Debatten über eine angebliche Lähmung der WTO zum Verstummen bringen.

Wie sehen die vereinbarten Punkte aus? Die WTO-Mitglieder sollen alle Zollinformationen veröffentlichen, um Transparenz zu schaffen. Sie müssen spezielle Anlaufstellen für Fragen rund um den Zoll schaffen. Ferner sollen die Behörden eine für Zollabwicklung zuständige Behörde schaffen, um bürokratischen Wildwuchs zu verhindern. Zudem gibt es einheitliche Regeln für Kontrollen und Inspektionen, die Beschlagnahme von Gütern, bargeldloses Bezahlen und das Recht, Entscheidungen der Zollbehörden anzufechten. Darüber hinaus sichert die WTO den Entwicklungsländern Hilfe bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen zu.

Doha reloaded

Das Ja soll Rückenwind für die sogenannte Doha-Welthandelsrunde bringen. Die 2001 gestarteten Gespräche zum umfangreichen Abbau von Zöllen, Kontingenten und Subventionen in Doha (Katar) stecken seit Jahren fest. Man einigte sich darauf, Elemente wie TFA aus den Gesamtverhandlungen auszugliedern. Diese Strategie trägt nun Früchte, wenngleich die im Prinzip seit Dezember 2013 stehende Einigung bis zuletzt auf Messers Schneide stand.

Zuletzt hatte Argentinien Bedenken angemeldet – die Vorbehalte aus Buenos Aires wurden jedoch überwunden, und die für Mittwoch vorgesehene Entscheidung im Allgemeinen Rat der WTO erfolgte am Donnerstag. Vor Argentinien hatte Indien den Pakt monatelang blockiert. Knackpunkt waren Subventionen für die Landwirtschaft des asiatischen Riesenlandes. Doch ein bilaterales Abkommen Indiens mit den USA vor zwei Wochen räumte die Differenzen aus. Die anderen WTO-Mitglieder stimmten dem Deal zu. In der WTO hat jedes der 160 Mitglieder quasi ein Vetorecht. (Jan Dirk Herbermann, DER STANDARD, 28.11.2014)