Mit dem Freispruch beziehungsweise der Einstellung der letzten Verfahren gegen Expräsident Hosni Mubarak geht in Ägypten endgültig eine kurze revolutionäre Periode zu Ende. Man kann es nicht besser ausdrücken als eine - ehemalige - Aktivistin per Twitter: "Die mutigen Leute ziehen zum Tahrir. Ich persönlich habe nicht mehr die Kraft dazu."

Die international mit viel Sympathie verfolgte Revolte von Jänner und Februar 2011, die Mubarak stürzte, ist ausgelöscht. Die neue Version dazu lautet, dass sinistre islamistische Kräfte bereits an ihrem Beginn gestanden seien und einen geordneten Übergang von Mubarak, der ja gar nicht mehr zur nächsten Präsidentschaftswahl antreten wollte, verhindert hätten. Erst die "Korrektur" im Juli 2013, der Sturz des Muslimbruder-Präsidenten Mohammed Morsi, habe Ägypten auf den richtigen Weg gebracht.

Es hat mehr als Symbolkraft, dass die Entscheidung des Gerichts in Kairo mit dem Abschluss der ersten offiziellen Europareise von Präsident Abdelfattah al-Sisi zusammenfällt. Eine "neue Seite" sei aufgeschlagen worden, hörte man aus Paris und Rom - und kein Wort darüber, dass die einstmals verehrten Revolutionshelden heute zum Teil im Gefängnis sitzen. Ägypten wird eben, mit saudischem Geld im Rücken, wieder interessant. Und die ägyptische Justiz hat soeben einen Teil von Sisis Deals mit Saudi-Arabien erfüllt: Mubarak muss rehabilitiert werden. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 1.12.2014)