Laxenburg - Zunächst lockt man die Massen mit "Zuckerbrot", später greift man zur "Peitsche", um einzelne Abtrünnige zu bestrafen - so erreicht man Kooperation im großen Maßstab und mit recht geringem Aufwand, berechneten in Österreich tätige Forscher. Ihre Studie dazu wurde nun in der Fachzeitschrift "Journal of the Royal Society Interface" veröffentlicht.

Als Modell verwendeten die Forscher das in der Spieltheorie verbreitete "Öffentliche Güter Spiel". Damit untersuchten sie, wie man mit positiven oder negativen Anreizen "rationale Agenten" am besten zur Kooperation bewegt.

Mit der von den Wissenschaftern berechneten Strategie könnten zum Beispiel Lehrer Frieden in einer renitenten Klasse herstellen, meint Ulf Dieckmann vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien, der die Studie leitete. Zunächst sollten sie jene Schüler belohnen, die sich zu benehmen wissen. Ist dies schließlich bei der Mehrheit der Fall, sei es angesagt, in den "Strafmodus" zu wechseln und das mittlerweile seltener gewordene Fehlverhalten zu ahnden.

Diese Taktik sei um einiges wirtschaftlicher, als ausschließlich Belohnungen oder Strafen auszuteilen, sagen die Forscher. Denn dadurch müsse man weder eine große Anzahl an kooperierenden Personen belohnen noch viele Abtrünnige bestrafen, was jeweils aufwändig und ineffektiv wäre.

Unvermittelter Übergang

Laut den Berechnungen sei die optimale Strategie nicht, allmählich von Belohnungen zu Strafen überzugehen, sondern dies unvermittelt zu tun, wenn die Kooperation ausreichend verbreitet ist. "Haben Belohnung und Bestrafung gleichen Kosten und Nutzen, dann ist der Punkt zu wechseln bei 50:50 gegeben, also wenn die halbe Gruppe kooperiert", erklärte Dieckmann im Gespräch.

"Diese an die Situation angepasste Mischstrategie ist nicht nur effizienter, sondern funktioniert auch in mehreren Situationen, als wenn nur Belohnung oder Bestrafung allein eingesetzt werden", sagte er.

Die Gruppe um Dieckmann zählt zu den international renommiertesten Kooperationsforschern. Etwa vor einem Jahr publizierten sie in der Fachzeitschrift "Nature Communications" eine Studie über Wohlstandsverteilung und Kooperation. Die Forscher fanden bei einer Simulation heraus: Ist Vermögen in einer Gesellschaft von Anfang an ungleich verteilt, kann das zu mehr Kooperation zwischen den Beteiligten führen.

Das Forschungsergebnis sei zwar auf die Realität nur begrenzt übertragbar, sagte damals Dieckmann, Überschneidungen mit makroökonomischen Studien fänden sich aber trotzdem. Die Forscher beobachteten "reiche Felder" in der Simulation, für die es gut war, einen "armen Kooperateur" um sich zu haben. (APA, red, DER STANDARD, 3.12.2014)