Sofia/Ankara/Moskau - "Aus. Das Projekt ist beendet", zeigte sich Gasprom-Chef Alexej Miller kategorisch. Das Pipelineprojekt South Stream, das bisher unbeirrt vom Kreml vorangetrieben wurde, ist mit einem Mal vom Tisch. Nach russischer Darstellung sind dafür wahlweise Bulgarien oder die auf Sofia Druck ausübende EU-Kommission verantwortlich, weil diese den Pipelinebau verzögerten und hintertrieben.

In Moskau herrscht nun - den Kommentaren nach zu urteilen - eine Mischung aus Ärger und Schadenfreude: Er habe die Reaktionen "panischer Art" aus Europa nach dem verkündeten South-Stream-Ende registriert, sagte Vizeaußenminister Alexander Lukaschewitsch. Aber schließlich sei das nicht Moskaus Schuld. "Die Folgen hätten die eher bedenken sollen, die das Projekt im Prinzip begraben haben", fügte er hinzu.

Europa sei weiterhin von russischem Gas abhängig, erklärte derweil Waleri Jasew, Chef des Duma-Ausschusses für Natur und Rohstoffförderung. Nun müssten die Europäer ihr Gas eben über den Umweg aus der Türkei beziehen, glaubt er. Offizielle Angaben über die Kosten der neuen russisch-türkischen Pipeline (Kapazität 63 Milliarden Kubikmeter) gibt es nicht. Sie dürften aber Schätzungen zufolge im Bereich des bisherigen South-Stream-Teilstücks durch das Schwarze Meer liegen, die jüngst auf 14 Milliarden Euro angehoben wurden. Allein für die Türkei lohnt sich der Bau der Pipeline daher nicht.

Bulgarien unbeeindruckt

Der Buhmann zeigt sich unbeeindruckt: Bulgariens Führung reagierte kühl auf die Vorhaltungen Wladimir Putins, der das EU-Balkanland für das Aus von South Stream verantwortlich gemacht hatte. Das Pipelineprojekt könne Wirklichkeit werden, wenn es in Übereinstimmung mit den EU-Gesetzen sei, sagte Staatspräsident Rossen Plewneliew. Einen "Bluff" nannte ein Energiepolitiker der neuen Koalitionsregierung Putins Ankündigung, nur dafür bestimmt, Bulgarien und die EU in das teure Projekt zu zwingen.

Noch stehe eine offizielle Bestätigung von Gasprom auch aus, merkten Minister in Sofia an. Putin hatte erklärt, das Projekt könne nicht mehr vorangehen, weil Bulgarien keine Genehmigung für den Bau des Unterwasserabschnitts der Pipeline gebe. Der Baubeginn war zuletzt für den 15. Dezember festgesetzt worden.

4000 Jobs hatte die frühere sozialistische Regierung den Bulgaren mit South Stream versprochen. Die mutmaßlich von Oligarchen gesteuerten Bauunternehmen, die eine erste Ausschreibung gewonnen hatten, wollten den Auftrag von insgesamt 3,8 Milliarden Euro unter sich aufteilen.

Auf lange Sicht könne das Aus für South Stream nur gut für die bulgarische Wirtschaft sein, erklärte Daniel Smilow vom Zentrum für liberale Strategien, einem politisch einflussreichen Thinktank in Sofia. Weil Bulgarien ohnehin fast völlig abhängig von russischen Gaslieferungen sei, könne es jetzt die Gelegenheit nutzen und endlich seine Energieressourcen weiter streuen: "Bulgarien braucht dringend Interkonnektoren, Flüssiggasanlagen, Verbindungen zum Energienetz anderer europäischer Länder", sagte Smilow dem STANDARD. (Markus Bernath, André Ballin, DER STANDARD, 3.12.2014)