Dass die Bewohnervertreter eine Diskussion über den Einsatz von Psychopharmaka in Altenheimen losgetreten haben, war hoch an der Zeit. Seit längerem schon macht in Sozialarbeiter- und Betreuerkreisen das hässliche Wort von den "Sozialpharmaka" die Runde. Soll heißen: Bewohner erhalten Medikamente nur, um den institutionellen Ablauf im Heim zu gewährleisten. Wohlgemerkt nicht in allen Heimen, aber in einigen dann doch.

Dass die Ärztekammer zwar vor dem mit mehr Kontrolle verbundenen zusätzlichen bürokratischen Aufwand warnt, in wesentlichen Bereichen aber den Bewohnervertretern - die vergleichbar mit den Patientenanwaltschaften für die Heimbewohner zuständig sind - zustimmt, unterstreicht die Dringlichkeit des Problems. Jetzt sind Bewohnervertreter, Ärzteschaft, Pflegekräfte, Länder und die Trägereinrichtungen der Heime gemeinsam gefordert, ein transparentes und handhabbares System rund um die Verabreichung schwerer Psychopillen zu schaffen. Am Ende muss auch der Medikamenteneinsatz zurückgehen.

Ein wenig erinnert die aktuelle Debatte an das Unterbringungsgesetz von 1991 mit Patientenanwälten und einer richterlichen Genehmigungspflicht für Einweisungen in die geschlossene Psychiatrie. Auch damals gab es Widerstand gegen Kontrolle von außen. Aber das Gesetz hat sich für alle bewährt: sowohl für Ärzteschaft als auch für die Spitalserhalter - vor allem aber aus Sicht der Patienten. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 4.12.2014)