Die Ursachen für die desaströse Hypo-Pleite liegen in Kärnten, das ist unbestritten. Der politische Hauptschuldige, und das ist vielfach belegt, war der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, zeitweise Chef der FPÖ oder auch des BZÖ. Haider ist 2008 bei einem Autounfall ums Leben gekommen, er kann nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.

Im Umgang mit dieser Pleite offenbarte sich in der Folge ein Multiorganversagen auf allen politischen Ebenen. Die Verantwortlichen in der Regierung haben bei der Hypo-Abwicklung offenbar auf ganzer Länge versagt, das belegt der Bericht der Griss-Kommission, der diese Woche präsentiert wurde. Der Schaden wurde nicht minimiert, sondern offenbar noch vergrößert. Die Entscheidungsträger in den Regierungsparteien waren überfordert und handelten dilettantisch. Die Rechnung dafür mussten die Steuerzahler begleichen - und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Es drohen weitere Milliardenverluste.

Die Verantwortung dafür trägt - niemand. Wesentliche Entscheidungsträger sind nicht mehr im Amt. Josef Pröll, Finanzminister von 2008 bis 2011, ist bei Raiffeisen untergeschlüpft und gefällt sich in der Rolle als Landesjägermeister. Maria Fekter, Finanzministerin von 2011 bis 2013, sitzt als einfache Abgeordnete für die ÖVP im Parlament und verdingt sich dort als Kultursprecherin. Michael Spindelegger, Finanzminister von 2013 bis 2014, hat sich aus der Politik verabschiedet und ist derzeit Privatmann. Sie alle waren maßgeblich für das Missmanagement verantwortlich und halten es nicht einmal für notwendig, sich zu erklären.

Aus dem Amt, aus der Verantwortung, das scheint die gemeinsame Devise zu sein. Das ist Anlass genug, um über Amtshaftungsklagen bis hin zu Schadenersatzforderungen nachzudenken. Das sollte das Verantwortungsbewusstsein von Politikern schärfen. Dass in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss die politische Verantwortung der genannten Personen thematisiert wird, ist für die geschädigten Bürger nur ein geringer Trost. Diese Politiker, allesamt aus der ÖVP, haben dem Land massiv geschadet. Zu dieser Schlussfolgerung muss man zwangsläufig kommen, wenn man dem Griss-Bericht folgt.

Dann gibt es noch Werner Faymann, den aktuellen Chef der SPÖ. Er ist seit 2008 österreichischer Bundeskanzler. Er führt diese Regierung an, war Partner von Pröll, Fekter und Spindelegger. Und er unternimmt alles, um sich selbst nicht allzu sehr mit der Hypo anzupatzen. Als ginge ihn das nichts an, als hätte er nichts damit zu tun.

Richtig ist, dass der Kanzler in Österreich, anders als in Deutschland, keine Richtlinienkompetenz hat; er kann anderen Regierungsmitgliedern nichts anschaffen. Aber nur hilflos mit den Schultern zu zucken und sich wegzuducken ist für einen Regierungschef zu wenig, dazu braucht man ihn nicht. Faymann hat mehrfach für seine Partei auf das Amt des Finanzministers verzichtet, offenbar im Wissen, was da noch in der Aufarbeitung des Hypo-Desasters ansteht. Dieses Kalkül wird nicht aufgehen. Faymann ist der Letztverantwortliche. Das wird auf ihn zurückfallen. Da kann es kein Drüberhinwegschwindeln geben. Politik ist eben kein Selbstzweck, sondern hat grundsätzlich mit dem Wahrnehmen von Verantwortung zu tun - wenn eine Aufgabe ansteht und auch dann, wenn deren Lösung so gründlich schiefgegangen ist wie bei der Hypo. (Michael Völker, DER STANDARD, 5.12.2014)