Wie halten Sie es mit der flüssigen Spende?

Pro
Von Michael Völker

Ich trinke gerne für einen guten Zweck. Gelegentlich auch für einen schlechten. Und manchmal, wenn auch selten, schlichtweg zu viel. Ich bin eigentlich um keine Ausrede verlegen. Und im Grunde braucht es auch gar keinen Anlass. Es reicht der Selbstzweck. Allein trinke ich konzentriert und ausgewählt, in Gesellschaft eher beiläufig. Und praktisch nie über den Durst. Leute, die mir mit dem Wasser kommen, mindestens zwei Liter am Tag, sind mir suspekt. Tee nur im absoluten Krankheitsfall. Kaffee nur zum Aufwachen.

Beim Trinken kommt es sehr auf die Gesellschaft an. Und seien wir ehrlich: Bei den Anlässen, die einem guten Zweck dienen, mögen wir uns zwar in guter Gesellschaft befinden, aber im Grunde sind das langweilige Menschen, aufgesetzt und zwangsfröhlich, beseelt von einer Mission, hinter der wir nicht stehen oder die wir nicht verstehen. Der gute Zweck ist meist ein schlechter Anlass, die gesellschaftliche Verpflichtung ein Garant für biedere und zwanghafte Konversation. Die kann man sich nur schöntrinken.

Kontra
Von Michael Simoner

Ein Spitzerl am Punschstand mit einem gutem Zweck zu rechtfertigen ist ungefähr so intelligent wie mit Prinz Harry auf einen Kostümball zu gehen. Wahrscheinlich stammt die Idee von einer bekifften Fundraising-Runde.

Trinken an sich hat ja nur einen Zweck: Durstlöschen. Ein wirklich guter Zweck. Alkoholtrinken hingegen hat damit nichts zu tun, dafür gibt es zwei andere Gründe: das relativ schnell abgeschlossene Genussstadium und den Rausch. Okay, Bier und Gspritzter mögen auch als Durstlöscher durchgehen, aber ab der zweiten Runde geht es auch hier um die Welle - und um den Führerschein.

Auch der gute Zweck ist so eine Sache, oder um es mit dem heurigen Wort des Jahres auszudrücken, er ist situationselastisch. Demnächst eröffnet ja vielleicht der Finanzminister ein Standl, an dem ein Teil des Hypo-Desasters weggesoffen werden kann. Oder die Innenministerin sammelt Trinkgeld, um Alkomaten anzuschaffen.

Trinken ist übrigens nicht absetzbar, Spenden schon. (Rondo, DER STANDARD, 12.12.2014)