Im Jahr 2005 hat das Parlament einen rühmlichen Vorstoß gemacht. Per Verfassung wurde festgelegt: "Die Österreichische Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt." Allerdings: "Das Nähere bestimmen die Gesetze."

Dass nun, fast zehn Jahre später, das "Nähere" eben nicht in allen Gesetzen geregelt ist, zeigt ein Fall aus Kärnten. Eine gehörlose Mutter will für ihre ebenso gehörlose Tochter einen Sprachentausch im Schulunterricht erwirken. In einem Bescheid winkt der Kärntner Landesschulrat ab: Die Gebärdensprache als Unterrichtssprache sei nicht möglich. Das Schulorganisationsgesetz - es liegt in Bundeskompetenz - habe keine entsprechende Vorkehrung getroffen, deshalb seien der Behörde die Hände gebunden. So wird die heiße Kartoffel von Behörde zu Behörde gereicht.

Der Familie bleibt nur, auf sich selbst gestellt den Instanzenweg zu beschreiten und Rechtsklarheit zu schaffen. Dabei wäre das die Aufgabe von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Als ehemalige Lehrerin für Gehörlose sollte sie mit der Problematik doch bestens vertraut sein.

Die vielfach zerklüfteten Kompetenzen von Bund und Land können für Bürger zum veritablen Problem werden - etwa dann, wenn sich niemand für zuständig hält. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie es überhaupt möglich ist, dass ein verfassungsrechtlich verankertes Recht zehn Jahre seiner Entsprechung in den Gesetzen harrt. (Katrin Burgstaller, DER STANDARD, 12.12.2014)